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29. April 2025
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IASB veröffentlicht Verträge, die sich auf naturabhängigen Strom beziehen – Änderungen an IFRS 9 und IFRS 7
Am 18. Dezember 2024 hat das International Accounting Standards Board (IASB) Änderungen herausgegeben, um Unternehmen zu helfen, die finanziellen Auswirkungen von naturabhängigen Stromverträgen, auch Power Purchase Agreements (PPAs) genannt, zu berichten, was angesichts der zunehmenden Nutzung solcher Verträge nötig war.
Naturabhängige Stromverträge helfen Unternehmen, ihre Stromversorgung aus Quellen wie Wind- und Solarenergie zu sichern. Die Menge des unter diesen Verträgen erzeugten Stroms kann aufgrund unkontrollierbarer Faktoren, wie die Wetterbedingungen, variieren. Die aktuellen Rechnungslegungsvorschriften erfassen nicht ausreichend, wie diese Verträge die Leistung eines Unternehmens beeinflussen.
Um Unternehmen zu ermöglichen, diese Verträge besser in den Finanzberichten darzustellen, hat das IASB gezielte Änderungen an IFRS 9 Finanzinstrumente und IFRS 7 Finanzinstrumente: Angaben vorgenommen.
Die Änderungen umfassen:
- Klarstellung der Anwendung der „Eigenverbrauchs“-Anforderungen,
- Erlaubnis zur Designation einer variablen Strommenge als gesichertes Grundgeschäft, wenn die Bilanzierung von Sicherungsgeschäften angewendet wird und
- Hinzufügung neuer Angabeanforderungen, um Investoren zu ermöglichen, die Auswirkungen dieser Verträge auf die finanzielle Leistung und die Cashflows eines Unternehmens zu verstehen.
Diese Änderungen sind für Berichtsperioden ab dem 1. Januar 2026 anzuwenden. Unternehmen können die Änderungen auch früher anwenden, sofern diese von der Europäischen Union übernommen wurden. Die Änderungen zur Eigenverbrauchsausnahme müssen rückwirkend gemäß IAS 8 angewendet werden. Die Änderungen zu den Anforderungen der Bilanzierung von Sicherungsgeschäften müssen prospektiv auf neue Sicherungsbeziehungen angewendet werden.
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Eigenverbrauch
Verträge, die sich auf naturabhängigen Strom beziehen, setzen ein Unternehmen einer Variabilität der zugrundeliegenden Strommenge aus, da die Quelle der Stromerzeugung von unkontrollierbaren natürlichen Bedingungen, wie dem Wetter, abhängt. Diese Verträge umfassen sowohl Kauf- oder Verkaufsverträge für naturabhängigen Strom als auch Finanzinstrumente, die sich auf solchen Strom beziehen.
Gemäß IFRS 9.2.4. ist dieser Standard grundsätzlich auf Verträge über den Kauf oder Verkauf eines nichtfinanziellen Postens anzuwenden, die durch einen Nettoausgleich in bar erfüllt werden können. Beispiele für nichtfinanzielle Posten sind Rohstoffe, Güter oder Stromkaufverträge. Der Nettoausgleich kann explizit (im Vertrag) oder implizit (durch Gewohnheit) geregelt sein. Sollte die Möglichkeit eines Nettoausgleichs vorliegen, stellen die Verträge ein Derivat dar. Derivate werden zum Fair Value bewertet, womit eine Volatilität in der GuV entsteht.
Von der Anwendung von IFRS 9 ausgenommen sind Verträge, die zwecks Empfang oder Lieferung nichtfinanzieller Posten gemäß dem erwarteten Einkaufs-, Verkaufs- oder Nutzungsbedarf des Unternehmens geschlossen wurden und in diesem Sinne weiter gehalten werden. Diese Ausnahmebestimmung wird als die sogenannte Eigenverbrauchsausnahme (Own Use Exemption) bezeichnet. Demnach stellen solche Verträge kein Derivat dar – sie werden bei der Erfüllung mit den ursprünglich vereinbarten Anschaffungskosten erfasst, was eine wesentliche Erleichterung bei der Bilanzierung darstellt.
Nachdem naturbezogene Stromverträge Unregelmäßigkeiten bei den Stromlieferungen enthalten können, wurde die Frage aufgeworfen, ob unter diesen Umständen die Voraussetzung für die Eigenverbrauchsausnahme, nämlich, dass der Empfang nichtfinanzieller Posten gemäß dem erwarteten Einkaufs- oder Nutzungsbedarf des Unternehmens zu erfolgen hat, noch erfüllt ist. Andernfalls würde die ungewollte Derivate-Bilanzierung einsetzen.
Die Änderungen an IFRS 9 haben nunmehr klargestellt, dass auch bei gelegentlichen Unregelmäßigkeiten beim Bezug naturbezogenen Stroms, die Eigenverbrauchsausnahme anwendbar ist. Ein Unternehmen hat dann einen solchen Vertrag abgeschlossen und hält ihn gemäß seinen erwarteten Nutzungsanforderungen, wenn das Unternehmen während der Vertragslaufzeit ein Nettokäufer von Strom war und dies auch weiterhin erwartet. Ein Unternehmen ist ein Nettokäufer von Strom, wenn es genügend Strom kauft, um die Verkäufe von nicht genutztem Strom im selben Markt – innerhalb von 12 Monaten – auszugleichen, in dem es den Strom verkauft hat.
Sicherungsgeschäfte
Einleitung
Einige Verträge, die sich auf naturabhängigen Strom beziehen, können als Sicherungsinstrumente in eine Sicherungsbeziehung mit prognostizierten Stromtransaktionen designiert werden. Die Änderungen erlauben, dass für eine solche Sicherungsbeziehung ein Unternehmen als das gesicherte Grundgeschäft eine variable nominale Menge prognostizierter Stromtransaktionen designieren kann, die mit der variablen Menge naturabhängigen Stroms übereinstimmt, die von der Erzeugungsanlage gemäß dem Sicherungsinstrument geliefert werden soll. Die anderen Anforderungen der Bilanzierung von Sicherungsgeschäften gemäß IFRS 9 gelten weiterhin für eine solche Sicherungsbeziehung.
Wenn die Zahlungsströme des Vertrags, der sich auf naturabhängigen Strom bezieht und als Sicherungsinstrument ausgewiesen wird, von dem Eintreten einer prognostizierten Transaktion abhängen, die als das gesicherte Grundgeschäft ausgewiesen wird, wird davon ausgegangen, dass diese prognostizierte Transaktion höchstwahrscheinlich eintreten wird.
Beispiel
Ein Unternehmen kauft Strom nach Bedarf vom Markt. Um den Preis pro Megawattstunde zu sichern, schließt das Unternehmen einen 25-jährigen virtuellen Stromabnahmevertrag (PPA) mit einem Windpark ab, der erneuerbaren Strom erzeugt und in den Markt einspeist. Diese PPA erfordert die Nettoabrechnung der Differenz zwischen dem festen Preis pro Megawattstunde und dem Marktpreis.
Das Unternehmen möchte die PPA als Sicherungsinstrument in einem Cashflow-Hedge designieren, um die Cashflow-Variabilität zukünftiger Stromeinkäufe (im Markt) abzusichern. Das gesicherte Grundgeschäft sind die prognostizierten, zukünftigen Stromeinkäufe zum Marktpreis.
Die Änderungen am IFRS 9 helfen nunmehr dabei, die Höchstwahrscheinlichkeit der künftigen Cashflows als gesichert und die Effektivität als gegeben anzusehen.
Fazit
Für die Bilanzierung von Sicherungsgeschäften werden also gewisse Toleranzen bei der Beurteilung, ob die Sicherungsbeziehung effektiv ist, gewährt, die dem unregelmäßigen Charakter naturabhängigem Stroms Rechnung tragen sollen. Damit hat der IASB zur schnellen Lösung eines aktuellen Problems beigetragen.
Angaben
Unternehmen müssen in ihren Finanzberichten Informationen über Verträge zum Kauf von naturabhängigem Strom offenlegen, die die Eigenverbrauchsanforderungen gemäß IFRS 9 erfüllen. Diese Angaben sollen Nutzern helfen, die Auswirkungen dieser Verträge auf zukünftige Zahlungsströme und die finanzielle Leistung des Unternehmens zu verstehen.
Zu den offenzulegenden Informationen gehören:
- Vertragliche Merkmale, die das Unternehmen Risiken aussetzen, wie die Variabilität der Strommenge und das Risiko, Strom zu kaufen, den es nicht nutzen kann.
- Nicht bilanzierte Verpflichtungen, einschließlich geschätzter zukünftiger Zahlungsströme und qualitativer Informationen zur Beurteilung, ob ein Vertrag belastend werden könnte.
- Qualitative und quantitative Informationen über die Auswirkungen auf die finanzielle Leistung, wie Kosten für den Stromeinkauf, nicht genutzte Mengen, Erlöse aus dem Verkauf nicht genutzten Stroms und Kosten für den Zukauf von Strom, um Verkäufe nicht genutzten Stroms auszugleichen.
Unternehmen müssen diese Informationen nach Risikokategorien disaggregieren und gegebenenfalls Querverweise zu anderen Angaben in den Finanzberichten einfügen.