10. Juli 2012
Lesezeit: 6
min.
news
Zwangsstrafen bei verspäteter Offenlegung des Jahresabschlusses in Österreich
Alles zur Offenlegung des Jahresabschlusses
Als Folge des Budgetbegleitgesetzes 2011 wird über Unternehmen und deren Organe, die ab 2011 bei der Offenlegung des Jahresabschlusses säumig sind, automationsunterstützt sofort eine Zwangsstrafe verhängt.
- Tipps für GmbH-Geschäftsführer: Jahresabschluss
- Wichtige Tipps zum COVID-Jahresabschluss 2020
- Alles über Steuern, Tipps & Fristen: 1×1 der Steuern
Festgelegte Offenlegungspflichten
In der Praxis hat sich gezeigt, dass nur rund die Hälfte aller vorlagepflichtigen Unternehmen ihre im Unionsrecht festgelegten Offenlegungspflichten fristgerecht erfüllt. Der österreichische Gesetzgeber reagiert auf diese zaghafte Erfüllung einer gesetzlichen Regelung und verbindet diese gleich mit einem budgetären Effekt:
Wichtige Änderungen für Geschäftsführer
|
Fristen zur Aufstellung, Feststellung und Offenlegung des Jahresabschlusses in Österreich
1. Jahresabschluss Kapitalgesellschaft (AG oder GmbH)
Die gesetzlichen Vertreter einer Kapitalgesellschaft (AG, GmbH) oder verdeckten Kapitalgesellschaft iSd § 221 (5) UGB (zB GmbH & Co KG) haben in den ersten fünf Monaten des Geschäftsjahres für das vorangegangene Geschäftsjahr den um den Anhang erweiterten Jahresabschluss sowie uU einen Lagebericht aufzustellen und alle diese Unterlagen den Mitgliedern eines etwaigen Aufsichtsrates vorzulegen.
2. AG: Feststellung des Jahresabschlusses bei der Hauptversammlung
Bei einer AG hat der Aufsichtsrat innerhalb von zwei Monaten nach Vorlage den Jahresabschluss festzustellen oder die Feststellung an die Hauptversammlung zu delegieren. Die Hauptversammlung zur Feststellung des Jahresabschlusses muss in den ersten acht Monaten des Geschäftsjahres stattfinden.
3. GmbH - Jahresabschluss durch die Generalversammlung
Bei einer GmbH gilt für die Feststellung des Jahresabschlusses durch die Generalversammlung die gleiche Frist von acht Monaten.
Die gesetzlichen Vertreter von (verdeckten) Kapitalgesellschaften haben den Jahresabschluss unverzüglich nach seiner Behandlung in der Haupt-/Generalversammlung, spätestens aber innerhalb von neun Monaten nach dem Bilanzstichtag, beim Firmenbuch einzureichen.
Der Vorstand einer großen AG ist zusätzlich verpflichtet, die Veröffentlichung des Jahresabschlusses unmittelbar nach seiner Behandlung in der Hauptversammlung, jedoch spätestens neun Monate nach dem Bilanzstichtag, im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung“ zu veranlassen.
Höhe der Zwangsstrafe bei verspäteter Offenlegung des Jahresabschlusses
![Welche Strafen gibt es für Unternehmen in Österreich bei verspäteter Offenlegung von Jahresabschlüssen?](https://www.tpa-group.at/app/uploads/2023/07/TPA-Steuerberatung-News-ausschuettungssperre_abgaeg_2015_raeg_latente_steuern_tpa_horwath.jpg)
Strafhöhe bei verspäteter Offenlegung des Jahresabschlusses
Die Strafhöhe richtet sich nach der Anzahl der Organe. Hat eine GmbH z.B. drei Geschäftsführer, so werden vier Strafen zu je EUR 700, also insgesamt EUR 2.800 automatisch vorgeschrieben. Sind mehrere Jahresabschlüsse offen, wird die Strafe für jeden nicht offengelegten Abschluss verhängt.
- Alles was Sie als Geschäftsführer über Rechtsformen in Österreich wissen sollten!
Zusätzliches Strafausmaß: Firmenbuch-Einreichung, Größe der Gesellschaften
Wenn der Jahresabschluss trotz Zwangsstrafe auch weiterhin nicht beim zuständigen Firmenbuch eingereicht wird, dann wird die Zwangsstrafe in Höhe von EUR 700 pro Organ und Unternehmen in der Folge alle zwei Monate wieder automatisch verhängt. Die Strafe wird solange vorgeschrieben, bis der jeweilige Jahresabschluss beim Firmenbuch hinterlegt ist.
Bei mittelgroßen Kapitalgesellschaften erhöht sich diese Zwangsstrafe ab der zweiten (!) Vorschreibung sogar auf das Dreifache, somit auf mindestens EUR 2.100 pro Organmitglied und je Gesellschaft. Bei großen Kapitalgesellschaften verdoppelt sich diese Strafe nochmals auf mindestens EUR 4.200 pro Organmitglied und je Gesellschaft.
Als Grundlage für die Größenklasse kann der zuletzt vorgelegte Jahresabschluss herangezogen werden.
Festsetzung der neuen Zwangsstrafen ist keine Ermessenssache
Die Festsetzung dieser neuen Zwangsstrafen liegt nicht im Ermessen des Firmenbuchgerichts sondern wird jedenfalls und absolut zwingend vorgeschrieben.
Jahresabschluss bei 'kleinen' GmbHs
Gerade für kleinere Betriebe, die in der Rechtsform einer juristischen Person als GmbH firmieren und somit ihren Jahresabschluss bzw. die Unterlagen gemäß Verordnung im Firmenbuch hinterlegen bzw. elektronisch einreichen müssen, bedeutet dies in vielen Fällen eine Beschleunigung der bisherigen Bilanzierungspraxis.
Von einer Verhängung der Zwangsstrafe kann seitens des Firmenbuchgerichts nur dann abgesehen werden, wenn das zur Einreichung verpflichtete Organ offenkundig durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis („höhere Gewalt“) an einer fristgerechten Offenlegung gehindert war. Dies zu belegen bzw. zu beweisen wird nur in den seltensten Fällen gelingen.
Zwangsstrafverfahren bei verspäteter Offenlegung des Jahresabschlusses
Gegen die Zwangsstrafverfügung kann binnen einer Frist von 14 Tagen ab Einlangen Einspruch erhoben werden, andernfalls erwächst diese in Rechtskraft. Nicht fristgerechte und/oder keine Begründung enthaltende Einsprüche sind beschlussmäßig zurückzuweisen. Ein Einspruch setzt die Zwangsstrafe außer Kraft und es wird ein ordentliches Zwangsstrafverfahren eingeleitet. In diesem Verfahren kann mit Beschluss eine Zwangsstrafe zwischen EUR 700 und EUR 3.600 verhängt werden, sofern es zu keiner Einstellung des Zwangsstrafverfahrens kommt.
Doch auch gegen diese Straffestsetzung kann noch im Rahmen eines Rechtsmittels der Instanzenweg beschritten werden. Es ist damit zu rechnen, dass im Falle einer Berufung und Verurteilung nicht die Mindeststrafe von EUR 700 verhängt wird, sodass es jedenfalls teurer wird.
Inkrafttreten/Übergangsfrist
§ 283 UGB idF des Budgetbegleitgesetzes 2011 trat mit 1. Jänner 2011 in Kraft, wobei jedoch in einer Übergangsfrist bis 28. Februar 2011 bislang unterlassene Offenlegungen ohne Festsetzung einer Zwangsstrafe nachgeholt werden können. Das heißt zum Beispiel:
Bilanzstichtag | Offenlegung | Schonfrist |
31.12.2008 | 30.09.2009 | 28.02.2011 |
31.12.2009 | 30.09.2010 | 28.02.2011 |
30.04.2010 | 31.01.2011 | 28.02.2011 |
31.05.2010 | 28.02.2011 | keine (Offenlegung bis 28.02.2011) |
30.06.2010 | 31.03.2011 | keine |
31.12.2010 | 30.09.2011 | keine |
Tipps um Zwangsstrafen bei verspäteter Offenlegung des Jahresabschlusses zu vermeiden
1. Tipp zur Offenlegung des Jahresabschlusses
Falls die Frist 30.09. für Sie als Geschäftsführer ungünstig ist, könnte eine Änderung des Bilanzstichtages, beispielsweise auch im Wege einer Umgründung, eine interessante Möglichkeit sein.
Die wiederholten und erhöhten Zwangsstrafen kommen bei Unterbleiben der Offenlegung für jeweils weitere zwei Monate nach dem 28. Februar 2011, somit erstmals zum 30. April 2011 zur Anwendung.
2. Tipp zur Offenlegung des Jahresabschlusses
Um die Verhängung von Zwangsstrafen zu verhindern, müssen daher die Organe der (verdeckten) Kapitalgesellschaft (zB GmbH, AG, GmbH & Co KG) im eigenen Interesse ab sofort besonders auf eine rechtzeitige Offenlegung des Jahresabschlusses achten. Darüber hinaus müssen bis spätestens 28. Februar 2011 alle noch nicht offengelegten (Konzern-) Jahresabschlüsse (Stichtage 31. Mai 2010 und früher) offengelegt werden.
- Informieren Sie sich hier über unsere Beratungs-Services: Steuerberatung, Bilanzierung und Lohnverrechnung!
- Alle aktuellen News
- IKS: Warum Sie als Geschäftsführer unbedingt auf ein funktionierendes IKS achten sollten!
NEU: Geschäftsführer & Jahresabschluss
Bestellen |