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Covid-19 und Verrechnungspreise: Handlungsempfehlungen

Covid-19 und Verrechnungspreise: Handlungsempfehlungen

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Covid-19 und Verrechnungspreise: Handlungsempfehlungen

Die Covid-19 Pandemie hat bestehende Verrechnungspreissysteme vieler multinationaler Unternehmen in 2020 ins Wanken gebracht und dies hallt auch 2021 noch nach. Der Impact der Pandemie fällt sehr unterschiedlich aus:

  • (unvorhergesehene) Verluste aufgrund von Lockdowns und Disruptionen der Supply Chain in der Gruppe oder bei einzelnen Gesellschaften
  • außerordentliche Gewinne in einigen Branchen (zB Pharma, Medizintechnik, Online-Shops, Streaming Anbieter, Zustelldienste, etc)
  • (ungeplante) außerordentliche Kosten iZm der Pandemie
  • Marktdaten als Bezugsgrößen für Verrechnungspreise sind hoch volatil oder noch nicht verfügbar, was Vergleichsanalysen erschwert
  • etc.

Für den eiligen Leser vorab die Kurzzusammenfassung der COVID-19 Leitlinie:

  • Die OECD räumt im Rahmen ihrer am 18. Dezember 2020 veröffentlichten Covid-19 Leitlinie grundsätzlich ein gewisses Maß an Flexibilität ein und gibt verschiedene Hinweise und Empfehlungen, wie mit den außerordentlichen Effekten rund um die Pandemie im Hinblick auf Benchmarking, Kostentragung, Verluste, Förderungen und Rulings umgegangen werden sollte.
  • Insgesamt ist aber jedenfalls festzuhalten, dass der Analyse- und Dokumentationsaufwand für internationale Unternehmen gerade für das Jahr 2020 und uU auch für 2021 wesentlich erhöht ist und eine sorgfältige Prüfung der Covid-Effekte jedenfalls zur Vorsorge in zukünftigen Betriebsprüfung emfehlenswert ist.

Hier die Details zu den einzelnen Aspekten der OECD Covid-19 Leitlinie:

1. Wie ist mit den Covid-19 Effekten innerhalb des Verrechnungspreissystems umzugehen?

Am 18. Dezember hat die OECD einen Leitfaden zur Berücksichtigung der Auswirkungen der COVID-19 Pandemie auf die Verrechnungspreise veröffentlicht. Darin sind Hinweise enthalten, wie aus OECD-Sicht mit Covid-19 Effekten umgegangen werden sollte, insb

  • Vergleichbarkeitsanalyse (Benchmarking),
  • COVID-19 spezifische Kosten und die von der Pandemie verursachten Verluste,
  • Auswirkungen von den staatlichen Hilfsprogrammen,
  • Auswirkungen der Krise auf die Advance Pricing Agreements (APAs).

In der Folge eine Übersicht der wesentlichen To Dos aus praktischer Sicht.

2. Was ist bei der Vergleichbarkeitsanalyse (Benchmarking) zu beachten?

Anpassungen von Budgetdaten sind gegebenenfalls notwendig

Die OECD Information empfiehlt grundsätzlich die Sammlung öffentlich zugänglicher Informationen, die den Einfluss der Pandemie auf die Wirtschaft, Industrie und die konzerninterne Transaktion besser erklären können. Damit soll genauer festgestellt werden, ob die für das Jahr 2020 umgesetzte Verrechnungspreispolitik immer noch als marktüblich betrachtet werden kann. In dieser Hinsicht ist auch die Verwendung von budgetierten Finanzinformationen möglich; d.h. von Ergebnissen, die in einer normalen Situation zu erwarten gewesen wären. Solche budgetierten Daten sind gegebenenfalls an die geänderte Situation aufgrund von Covid-19 anzupassen.

Für diese Anpassungen gibt OECD folgende Hinweise zur Behebung der Informationsmängel:

  • vernünftiger unternehmerische Beurteilung, ergänzt durch aktuelle Informationen, um eine angemessene Schätzung des marktüblichen Preises festzulegen;
  • nicht zulässig sollen Vergleiche bzw Anpassungen auf Basis von Daten aus der Finanzkrise 2008/2009 sein;
  • Ex-post-Ansatz (Umstellung auf die Verwendung von Ist-Daten) kann bei der Festlegung der marktüblichen Preisen angewendet werden;
  • Anwendung mehr als einer Verrechnungspreismethode.

Zeitlichen Bezug bei Vergleichbarkeitsanalyse beachten

Ein wichtiger Hinweis in Bezug auf die Vergleichbarkeitsanalyse ist die Möglichkeit, wenn angemessen, separate Testzeiträume für die Dauer der Pandemie oder für den Zeitraum, in dem bestimmte wesentliche Auswirkungen der Pandemie am deutlichsten waren, festzulegen. Dies kann angemessen sein, solange die Daten von unabhängigen Vergleichsprodukten über einen ähnlichen Zeitraum auf konsistente Weise gemessen werden können.

Andernfalls könnte es notwendig sein, den Zeitraum, über den der Vergleich durchgeführt wird, anzupassen. Solche Anpassungen müssen von Steuerpflichtigen und Steuerbehörde case-by-case berücksichtigt werden, um festzustellen, inwieweit diese Anpassungen unter Umständen notwendig sind, in denen die potenziellen Unterschiede keinen wesentlichen Einfluss auf die Vergleichbarkeit haben.

In Bezug auf die Vergleichbarkeit gibt die OECD noch zusätzliche Tipps:

  • Verlustunternehmen können – sofern diese vergleichbar sind – einbezogen werden;
  • Preisanpassungsmechanismen sind angemessen, um die wirtschaftliche Unsicherheit zu mindern;
  • (Weiterführung von) Vergleichswerten aus den Vorjahren sollte genau geprüft werden.

3. Wer trägt COVID-19 spezifische Kosten und Verluste?

Verträge modifizieren ja, aber nur wenn fremdüblich

Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Umstände ist es möglich, dass sich unabhängige Parteien an ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht strikt halten. Insbesondere wenn es im Interesse beider Parteien ist, den Vertrag neu zu verhandeln oder bestimmte Aspekte ihrer Verhältnisse zu ändern.

Allerdings ist auch hier immer das Fremdverhalten zu hinterfragen:

  • Eine Vertragsänderung ist nur dann möglich, wenn bewiesen werden kann, dass auch unabhängige Parteien unter vergleichbaren Umständen ihre bestehenden Vereinbarungen oder Geschäftsbeziehungen geändert hätten.
  • Force majeure Klauseln: Solche Klauseln regeln unter welchen Umständen, die außerhalb der Kontrolle der Vertragsparteien liegen, bestimmte Pflichten der Parteien (zB Lieferpflicht, Zeitpunkt der Lieferung, etc) nicht mehr gelten oder abzuwandeln sind. Sofern der konzerninterne Vertrag keine explizite force majeure Klausel enthält, sollte geprüft werden, ob Verträge zwischen unabhängigen Dritten eine solche Klausel in der Regel enthalten bzw wie diese tatsächlich – soweit erkennbar – ihre Verträge adaptieren.
  • Sonstige Klauseln: Nach unseren praktischen Erfahrungen sind andere Klauseln – wie insbesondere Definition der Rechte und Pflichten der Parteien, eingeräumte Garantien sowie die Vergütungsklausel – in intercompany Klauseln regelmäßig noch relevanter als force majeure Diese sollten daher genau geprüft werden im Hinblick auf die Covid-19 Effekte des jeweiligen Business Models.

Unternehmen mit begrenztem Risiko und Verluste: Geht das?

Nach der OECD Leitlinie ist es grundsätzlich möglich, dass Routineunternehmen mit begrenztem Risiko Verluste erleiden.

Es ist aber jedenfalls notwendig, die spezifischen Fakten und Umstände des Falls zu berücksichtigen; insb:

  • eine genaue Abgrenzung der jeweiligen Transaktion;
  • eine solide Vergleichbarkeitsanalyse;
  • eine Berücksichtigung, der von einer risikobegrenzten Einheit übernommenen Risiken.

Klarerweise kommt es hier auf eine besonders sorgfältige Dokumentation an!

Aufteilung und Zuordnung der betrieblichen und außergewöhnlichen Kosten soll fremdüblich sein

Welche Geschäftseinheit hat tatsächlich betrieblich bedingte Kosten iZm der Covid-19 Krise zu tragen? Grundsätzlich sollte die Übernahme solcher außergewöhnlicher Kosten der Risikozuteilung folgen – die Kosten hat somit die Partei zu tragen, die auch das entsprechende (vertraglich oder faktisch) Risiko übernommen hat.

Diese Themen sind hier speziell zu berücksichtigen:

  • Dauerhafte Änderungen des Geschäftsmodells:
    Es sollte unterschieden werden, ob es sich um Einmaleffekte handelt oder wiederkehrende / dauerhaft erhöhte Kosten vorliegen. Sofern langfristig oder dauerhaft die operativen Prozesse des Unternehmens angepasst werden müssen, sollte die Kosten- und Risikozuordnung gegebenenfalls neu festgelegt werden.
  • Abwälzung von Kosten auf Kunden oder Lieferanten:
    Es ist im Rahmen der Vergleichbarkeitsanalyse zu hinterfragen, wie sich Dritte untereinander verhalten würden und ob die Kosten (hypothetisch) auf Kunden oder Lieferanten abgewälzt werden könnten.

Außergewöhnliche Kosten sind bei der Vergleichbarkeit genau zu berücksichtigen

Der Leitfaden weist darauf hin, dass eine Überprüfung notwendig sein kann, wie außergewöhnliche Kosten, die sich aus COVID-19 ergeben, berücksichtigt werden sollten.

Die folgenden drei Punkte erfordern besondere Aufmerksamkeit:

  • Außergewöhnliche Kosten sollten generell bei Anwendung einer Nettomarge (zB EBIT Marge) ausgeschlossen werden. Ausnahme: Die Kosten beziehen sich auf die genau abgegrenzte kontrollierte Transaktion.
  • Bei der Ermittlung der Kostenbasis für die intercompany Transaktion sollte genau geprüft werden, ob außergewöhnliche Kosten einbezogen werden oder nicht. Außerdem stellt sich die Frage, ob außergewöhnliche Kosten als bloße durchlaufende Posten ohne Gewinnaufschlag zu behandeln sind.
  • Anpassungen um außergewöhnliche Kosten sind beim Benchmarking zu berücksichtigen: Dies wird in der Praxis eine große Herausforderung darstellen, da die Informationen über solche außergewöhnlichen Kosten in der Regel für Vergleichsunternehmen bzw auf Basis von veröffentlichen Jahresabschlussdaten schwer verfügbar sind.

4. Wie sind staatliche Hilfsprogramme zu berücksichtigen?

Im Rahmen der Verrechnungspreisanalyse sollten staatliche Hilfsprogramme jeweils bezogen auf das Geschäftsmodell im Detail dargestellt werden. Insbesondere die folgenden Überlegungen sind hierbei relevant:

  • Ist die staatliche Unterstützung für die jeweilige Gesellschaft wirtschaftlich relevant? Falls ja, sollte das Programm und dessen Auswirkung auf das Geschäftsmodell genau dokumentiert werden.
  • Welche Auswirkungen ergeben sich auf die Fremdüblichkeit des Preises? Insbesondere stellt sich hier die Frage, ob ein Unternehmen aufgrund der Verhandlungsposition eine erhaltene staatliche Förderung in Form von Preisreduktionen an Kunden weitergeben würde oder nicht. Hier ist auch zu beachten, inwieweit Förderbestimmungen in den jeweiligen Ländern ausdrücklich untersagen, lokal erhaltene Förderungen in Form von reduzierten Verrechnungspreisen an ausländische Konzerngesellschaften „weiterzureichen“.
  • Welche Auswirkungen ergeben sich durch staatliche Förderungen im Hinblick auf die Risikozuteilung an das jeweilige Unternehmen? Staatliche Hilfsprogramme, auf die eine Gesellschaft Anspruch hat, führen uU dazu, dass es zu einer Reduktion des Risikos dieser Gesellschaft kommt.
  • Staatliche Hilfsprogramme sollen in der Vergleichbarkeitsanalyse berücksichtigt werden: Dies wird in der Praxis schwierig umzusetzen sein, da häufig Informationen darüber, welche Förderungen Vergleichsunternehmen in Anspruch nehmen, nicht verfügbar sind. In Frage kommen Anpassungen auf Basis öffentlich verfügbarer Informationen zu den jeweiligen Hilfsprogrammen in der spezifischen Branche, was aber regelmäßig mit erhöhtem Aufwand bei der Analyse verbunden sein wird.

5. Was sind die Folgen der Krise für bestehende Rulings und Advance Pricing Agreements (APA)?

Bestehende APAs gelten (grundsätzlich) weiter

Laut der OECD sollen trotz der veränderten wirtschaftlichen Bedingungen bisher geltenden APAs weiterhin anwendbar sein. Ausnahme: Es tritt eine Bedingung ein, die zur Aufhebung oder Überarbeitung des APA führt (z. B. Verstoß gegen kritische Annahmen). Wichtig dabei ist, eine Analyse durchzuführen und entsprechend den Einfluss der veränderten wirtschaftlichen Bedingungen auf die kritischen Annahmen für das Ruling individuell einzuschätzen.

Flexible Verhandlung neuer APAs

Die OECD empfiehlt auch größtmögliche Flexibilität bei in Verhandlungen befindlichen APAs einzuräumen. In Frage kommen zB folgende Ansätze:

  • Vereinbarung von kurzem APA, das den Zeitraum der Pandemie abdeckt;
  • Abschluss eines separaten APAs, das den Zeitraum nach der COVID-Pandemie abdeckt;
  • rückwirkende Änderungen des APAs;
  • Verlängerung der Laufzeit des APAs.

 

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