Die Erbrechtsreform in Österreich ab 2017

Die Erbrechtsreform in Österreich ab 2017

Die Erbrechtsreform in Österreich ab 2017

Alles, was Sie aktuell über die Erbrechtsreform in Österreich wissen sollten: Seit August 2015 gilt in allen EU-Mitgliedstaaten (ausgenommen Dänemark, Irland und Großbritannien) die neue EU-Erbrechtsverordnung, auch in Österreich. Die EU-Verordnung regelt das Erbrecht in internationalen Fällen. Ab 1.1.2017 treten in Österreich weitere Änderungen, die das Vererben betreffen in Kraft, die unter anderem den Pflichtanteil und neue Enterbungsgründe regeln. Unsere Experten verraten Ihnen hier alles Wichtige zum Erbrecht in Österreich und der Erbrechtsreform!

1. EU-Erbrechts-Verordnung: Lebensmittelpunkt entscheidend

Die bereits im August 2015 umgesetzte EU-Erbrechtsverordnung regelt vor allem, welches nationale Erbrecht für Verlassenschaften anwendbar ist bzw. welches Gericht für die Abhandlung zuständig ist.

Früher war für alle Österreicher (Personen mit österreichischer Staatsbürgerschaft), auch wenn sie im Ausland lebten und dort verstarben, österreichisches Erbrecht anwendbar und österreichische Gerichte waren zuständig. Die EU-Erbrechtsverordnung gibt seit August 2015 vor, dass nicht mehr die Staatsbürgerschaft ausschlaggebend ist, sondern der gewöhnliche Aufenthalt (bzw. Mittelpunkt der Lebensinteressen) des Verstorbenen zum Zeitpunkt seines Ablebens.

Beispiel zum Vererben: Lebensabend im Süden

Sie wollen Ihren Lebensabend in Spanien verbringen, aber Ihre österreichische Staatsbürgerschaft beibehalten.

Als „gewöhnlicher Aufenthalt“ wird in diesem Fall jener Ort angesehen, an dem Sie Ihren Lebensmittelpunkt haben und sich dauerhaft bzw. regelmäßig aufhalten. Wenn Sie (für immer) nach Spanien ziehen, würde also nach der neuen Rechtslage – trotz Ihrer österreichischen Staatsbürgerschaft – spanisches Erbrecht zur Anwendung kommen, das sich teilweise erheblich vom österreichischen unterscheidet.

TPA Tipp zum Vererben & Erbrechtsreform
Bitte beachten Sie die seit 1. Jänner 2016 bestehende verschärfte Wegzugsbesteuerung mit teilweise unerwünschten Einkommensteuerbelastungen, wenn Sie Ihren Wohnsitz bzw. Mittelpunkt der Lebensinteressen ins Ausland verlegen.

Schützen Sie das Erbe: Steuerplanung beim Vererben

Aus steuerlicher Sicht liegt bei Ihrem späteren Ableben dann ein grenzüberschreitender Erbfall zwischen Österreich und Spanien vor. Hier kann es zu sogenannten „Verwerfungen“  −  also „Doppel- oder Mehrfachbesteuerung“ oder „Doppel-Nichtbesteuerung“ kommen, weil Österreich an den Erblasser anknüpft, Spanien aber an die Erben. Eine entsprechende „vorausschauende (Steuer-)Planung“ ist also essentiell, um das Erbe vor übermäßigem und mehrfachem Steuerzugriff zu schützen.

Beispiel zum Vererben: Wohnsitz in einem anderen Land

Ein deutscher Staatsbürger hat seit vielen Jahren seinen Hauptwohnsitz und Lebensmittelpunkt in einer Salzburger Mietwohnung in Österreich. Neben einer Wohnung in Stuttgart verfügt er auch über ein Bankdepot in Deutschland mit deutschen Aktien. Bei seinem Ableben in Österreich (er hat kein Testament errichtet) hinterlässt er eine Ehefrau und zwei Kinder.

Nach der EU-Erbrechtsverordnung ist die Verlassenschaft durch ein österreichisches Gericht und nach österreichischem Recht abzuwickeln. Österreich erhebt (derzeit) keine Erbschaftsteuer und – mangels inländischen Grundstücken – auch keine Grunderwerbsteuer. Was die aus dem deutschen Depot resultierenden Kapitaleinkünfte betrifft, ist zu prüfen, ob eine Versteuerung bzw. Offenlegung durch den Erblasser in Österreich stattgefunden hat: derartige Steuerschulden gehen nämlich grundsätzlich auf die Erben (Gesamtrechtsnachfolger) über, wenn nicht innerhalb von drei Monaten eine berichtigte Steuererklärung abgegeben wird.

Die Stuttgarter Immobilie könnte einen Wohnsitz darstellen und – innerhalb der Zehnjahresfrist – eine unbeschränkte Erbschaftssteuerpflicht in Deutschland nach sich ziehen.

Je nachdem, wo die Erben ansässig sind, wäre der Erbfall möglicherweise im jeweiligen Land steuerpflichtig (zB in Deutschland). Wenn das jeweilige Land eine Erbschaftsteuer erhebt, sind neben unterschiedlichen Steuersätzen in der Regel auch ganz unterschiedliche Freibeträge etc. zu beachten.

Unbedingt! Planen Sie Ihr Erbe steuerlich!

Diese vergleichsweise „einfachen“ Bespiele zeigen, wie wichtig eine entsprechende (Steuer-)Planung ist. Neben der Errichtung eines Testaments (hier könnte der Erblasser unter Umständen auch das anzuwendende Recht bestimmen) können zB auch

  • die Aufgabe von ausländischen Wohnsitzen oder
  • die Übertragung von Vermögen auf (Kapital-)Gesellschaften

wichtige Themen sein.

2. Erbrechts-Änderungsgesetz ab 1.1.2017: Was ändert sich beim Vererben in Österreich?

Neben diesen Neuerungen auf EU-Ebene wird es ab dem nächsten Jahr auch Neuerungen im österreichischen Erbrecht geben (Erbrechtsreform):

  • Lebensgefährten erhalten ein außerordentliches Erbrecht, zB wenn es keine gesetzlichen Erben gibt.
  • Der Widerruf eines Testaments im Falle einer Scheidung wird künftig nicht mehr nötig sein, das Testament gilt automatisch als aufgehoben.
  • Wer in den letzten 3 Jahren (und davon mindestens 6 Monate) in einem mehr als geringfügigen Ausmaß einen seiner Angehörigen unentgeltlich gepflegt hat, wird im Erbrecht gesondert berücksichtigt.
  • Auch der Pflichtanteil wird reformiert: die Pflichtteilsberechtigung der Vorfahren (Eltern) wird aufgehoben. Zudem kann es insbesondere bei Unternehmensbeteiligungen eine bis zu zehnjährige Stundung geben.
  • Die Enterbungsgründe werden ebenfalls neu gestaltet: zu den Enterbungsgründen werden künftig auch die grobe Verletzung von Pflichten, die aus dem Eltern-Kind-Verhältnis resultieren, sowie Straftaten gegen nahe Angehörige (die zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe führen) gezählt.

TPA Tipp zum neuen Erbrecht in Österreich:
Sprechen Sie mit Ihrem Rechtsberater (Notar oder Rechtsanwalt), ob sich bei Ihrem Testament oder in Ihrer Stiftungserklärung durch das neue Erbrecht ein Änderungsbedarf ergibt. Jedenfalls sollten Sie auch Ihren TPA Steuerberater beiziehen, um die steuerlichen Konsequenzen Ihrer Erbschaftsüberlegungen zu optimieren.

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