24. Juni 2019
Lesezeit: 4
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Hälftesteuersatz: Halber Steuersatz bei Betriebsveräußerung
Bei Veräußerung bzw Aufgabe eines Betriebes stehen dem Unternehmer verschiedene steuerliche Begünstigungen zur Verfügung. Die Besteuerung des Veräußerungsgewinnes mit dem sogenannten Hälftesteuersatz stellt nur eine dieser Begünstigungen dar.
- Unternehmensübertragung im Grace-Period-Gesetz:
Alles zu den Neuerungen im Abgabengesetz, die mit 1.1.2023 in Kraft treten.
Wann kann der halbe Steuersatz angewendet werden?
Der Gesetzgeber will Unternehmern, die ihre betriebliche Tätigkeit beenden, eine steuerliche Begünstigung für jene Gewinne ermöglichen, die im Zuge dieses außerordentlichen Anfalls von Einkünften entstehen.
Dabei kommt es dem Gesetzgeber nicht darauf an, ob der Unternehmer sein Unternehmen als Ganzes verkauft oder einfach nur beendet. Vielmehr stellt der Gesetzgeber seine Begünstigung darauf ab, dass der Betriebsaufgabe oder –veräußerung eine gewisse Zwangsläufigkeit zugrunde liegt und die betriebliche Tätigkeit „auf einen Schlag“ beendet wird.
Eine Betriebsveräußerung erfordert daher insbesondere die entgeltliche Veräußerung wesentlicher Betriebsgrundlagen als Einheit, eine Betriebsaufgabe die gänzliche Betriebseinstellung bzw. Zerschlagung des Betriebes innerhalb eines kurzen Zeitraumes, idR von rund 6 Monaten.
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3 Gründe für den halben Steuersatz (Hälftesteuersatz) bei Betriebsaufgabe
1. Tod des Steuerpflichtigen
Wird der Betrieb deswegen veräußert oder aufgegeben, weil der Steuerpflichtige verstorben ist, so wird der Veräußerungsgewinn grundsätzlich den Erben zugerechnet. Sofern die Veräußerung oder Betriebsaufgabe innerhalb eines Jahres nach der Einantwortung (!) erfolgt, kommt die Begünstigung zur Anwendung. Der Erbe muss aber unmittelbar nach der Einantwortung Handlungen setzen, die auf eine Veräußerung oder Aufgabe schließen lassen (zB Warenabverkauf, Suche nach Käufer).
2. Erwerbsunfähigkeit
Ist der Steuerpflichtige aufgrund einer körperlichen oder geistigen Behinderung in einem Ausmaß erwerbsunfähig, dass er nicht in der Lage ist, seinen Betrieb fortzuführen, kann die Begünstigung ebenfalls zur Anwendung kommen. Gemeint ist dabei eine betriebsbezogene Erwerbsunfähigkeit, eine absolute Erwerbsunfähigkeit ist nicht Voraussetzung für die Begünstigung. Sofern eine Erwerbsunfähigkeitspension zuerkannt wird, ist kein weiterer Nachweis der Erwerbsunfähigkeit erforderlich.
Wurde keine Erwerbsunfähigkeitspension beantragt und daher auch nicht zuerkannt, ist ein medizinisches Gutachten eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen vorzulegen.
3. „Pensionierung“
Der in der Praxis wohl wichtigste Anwendungsfall setzt voraus, dass der Steuerpflichtige sowohl das 60. Lebensjahr vollendet hat als auch seine Erwerbstätigkeit einstellt. Unter den Begriff der Erwerbstätigkeit fallen alle Tätigkeiten, die sich als aktive Betätigung im Erwerbsleben darstellen. Unter aktiven Einkünften werden alle betrieblichen Einkünfte (ausgenommen bestimmte Einkünfte als beschränkt haftender Mitunternehmer), Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit sowie Funktionsgebühren von Funktionären verstanden.
Ein wirklich geringfügiger Gesamtumsatz von EUR 22.000 bzw Einkünfte bis zu EUR 730 pro Kalenderjahr sind jedoch in diesem Zusammenhang unbeachtlich.
Unschädlich für die Anwendbarkeit des Hälftesteuersatzes sind auch passive Einkünfte, wie zB Einkünfte aus Pensionsbezügen, Einkünfte aus Vermietung & Verpachtung.
Wie wird der letzte laufende vom begünstigten Gewinn abgegrenzt?
Da der laufende Gewinn der allgemeinen Tarifbesteuerung unterworfen wird, ist zunächst eine möglichst genaue Abgrenzung zwischen dem laufenden Gewinn und den begünstigten Tatbeständen der Veräußerung bzw. Aufgabe vorzunehmen.
Hier stellt der Gesetzgeber grundsätzlich auf den Zeitpunkt ab, zu welchem dem Betrieb die wesentlichen Grundlagen entzogen wurden. Bis zu diesem Zeitpunkt getätigte Handlungen sind grundsätzlich dem laufenden Gewinn zuzurechnen, auch wenn es Handlungen betrifft, die der Vorbereitung der nachfolgenden Veräußerung bzw Aufgabe dienen (zB Abverkauf von Handelswaren kurz vor dem Veräußerungszeitpunkt).
Atypische Veräußerungsvorgänge, wie die Veräußerung an einen anderen Unternehmer oder an frühere Lieferanten, sind im Rahmen der Ermittlung des Veräußerungsgewinnes (Aufgabegewinnes) zu erfassen. Bei der Veräußerung des Warenlagers im Veräußerungszeitraum (Aufgabezeitraum) ist somit danach zu differenzieren, an wen und zu welchen Konditionen veräußert wird.
Werden im Zuge der Betriebsübertragung Abfertigungen ausbezahlt, zählt die Auflösung der Abfertigungsrückstellung zum laufenden Gewinn. Werden die Abfertigungsansprüche an den Käufer übertragen, zählt der Wegfall der Abfertigungsrückstellung zum Veräußerungsgewinn.
Unbedingt beachten! Der Hälftesteuersatz steht nur auf Antrag zu und dann auch nur, wenn seit der Eröffnung des Betriebes oder dem letzten entgeltlichen Erwerbsvorgang (volle) sieben Jahre verstrichen sind!
Aktuelle Judikatur
Im Rahmen einer aktuellen VwGH-Entscheidung wurde einem wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer die Anwendung des Hälftesteuersatzes auch für die im Zuge der Beendigung seiner Tätigkeit ausbezahlte Einmalabfindung seiner Pension zuerkannt.
TPA Tipp: Werden mit dem Betrieb Immobilien oder Wertpapiere mitverkauft, kann der Hälftesteuersatz günstiger als die 30 %ige Immo-ESt oder die 27,5 %ige KESt sein. Wir rechnen für Sie.
Dieser Artikel wurde im TPA Journal veröffentlicht. Kontaktieren Sie unsere Steuerexperten in Ihrer Nähe: Alle TPA Standorte in Österreich
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