Negatives Eigenkapital im Jahresabschluss

Negatives Eigenkapital im Jahresabschluss

Negatives Eigenkapital im Jahresabschluss

Was tun, wenn negatives Eigenkapital im Jahresabschluss Ihres Unternehmens vorliegt? Unsere Steuerexperten haben hier für Sie genau aufgelistet, was Sie bei einer drohenden Insolvenz tun müssen.

Wann liegt ein negatives Eigenkapital vor?

Nach § 225 des Unternehmensgesetzbuches – UGB liegt ein negatives Eigenkapital dann vor, wenn das Eigenkapital durch Verluste aufgebraucht ist. In diesem Fall lautet der Bilanzposten „negatives Eigenkapital“.

Zum Eigenkapital zählen das eingeforderte Nennkapital (Grund-/Stammkapital), Kapitalrücklagen, Gewinnrücklagen und der Bilanzgewinn/-verlust (das sind kumulierte Gewinne/Verluste abzüglich Gewinnausschüttungen der Vergangenheit, zuzüglich Auflösung von Rücklagen).

Das bilanzielle Eigenkapital

Zum bilanziellen Eigenkapital sind Investitionszuschüsse oder ähnliche Posten, die auf der Passivseite der Bilanz oft in einem eigenen Posten ausgewiesen werden, nicht hinzuzurechnen. Ist das Eigenkapital negativ, liegt eine „buchmäßige“ Überschuldung vor und es ist im Anhang zum Jahresabschluss zu erläutern, ob eine Überschuldung im Sinne des Insolvenzrechtes vorliegt, die gegebenenfalls den Geschäftsführer zur Stellung eines Insolvenzantrages verpflichten würde.

Tatsächlich bedeutet eine buchmäßige Überschuldung aber in vielen Fällen nicht, dass eine reale Überschuldung vorliegt, da z.B. stille Reserven vorhanden sind. Ebenso kann eine positive Fortbestehensprognose vorliegen – siehe dazu weiter unten.

Negatives Eigenkapital: Meldung der Insolvenz

Der Geschäftsführer ist verpflichtet, ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber 60 Tage nach Eintritt des Insolvenztatbestandes (Zahlungsunfähigkeit oder reale Überschuldung), einen Insolvenzantrag zu stellen, widrigenfalls wird der Geschäftsführer persönlich wegen schuldhafter Insolvenzverschleppung zur Verantwortung gezogen.

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Möglichkeiten zur Vermeidung der buchmäßigen Überschuldung

Durch geeignete Bilanzierungsmaßnahmen kann es in bestimmten Fällen gelingen, eine buchmäßige Überschuldung und damit die Erläuterungspflicht im Anhang zu vermeiden. Solche legalen Maßnahmen können insbesondere sein:

  • Nutzung von Bewertungswahlrechten (z.B. Inventur, Finanzanlagen);
  • Ausschöpfung von Aktivierungswahlrechten (z.B. geringwertige Wirtschaftsgüter, aktive latente Steuern);
  • Überprüfung von Abschreibungsdauern und Zuschreibungsmöglichkeiten;
  • Sale und lease back-Transaktionen vor dem Bilanzstichtag.

Prüfung der insolvenzrechtlichen Überschuldung

Lässt sich die bilanzielle Überschuldung nicht vermeiden, ist die Frage, ob eine insolvenzrechtliche Überschuldung vorliegt, nach einer zweistufigen Prüfungsmethode zu beurteilen:

Aufstellen einer „Überschuldungsbilanz“

Dabei sind alle Aktiva und Passiva der Gesellschaft nach dem Gesichtspunkt eines fiktiven Verkaufes bzw. einer Liquidation zu erfassen: Sogenannte „stille Reserven“ in den Aktivwerten (z.B. eine Liegenschaft ist mehr wert als ihr Buchwert), aber auch Verpflichtungen, die bei Fortführung des Unternehmens nicht sofort anfallen würden (z.B. Abfertigungsansprüche, Schließungskosten), sind aufzudecken, Steuereffekte sind zu berücksichtigen. Die Veräußerungsgeschwindigkeit und Veräußerungsintensität betreffende Annahmen sind bei wesentlichem Einfluss auf die Bewertung miteinzubeziehen.

In diesem Zusammenhang ist auch nach Maßnahmen zu fragen, die diesen Vermögensstatus verbessern können, wie insbesondere:

  • Nachrangigstellen von Gesellschafterdarlehen;
  • Harte, werthaltige Patronatserklärung von Gesellschaftern/Konzerngesellschaften.

 

„Nachrangig“ bedeutet insbesondere, dass eine Befriedigung im Insolvenzfall erst nach allen anderen Gläubigern erfolgen darf (Rangrücktritt). Das Nachrangigstellen ändert nichts an der buchmäßigen Überschuldung (weiter Ausweis als Verbindlichkeit), die Verbindlichkeit kann aber im Überschuldungsstatus außer Ansatz bleiben.

Aufstellen einer Fortbestehensprognose

Im Rahmen dieses zweiten Prüfungsschrittes ist zu beurteilen, ob das Unternehmen in Zukunft mit überwiegender Wahrscheinlichkeit seine geschäftlichen Aktivitäten unter Einhaltung seiner Zahlungsverpflichtungen fortführen kann.

Dazu gehört eine ausführliche Analyse der Verlustursachen, eine realistische Beurteilung der Zukunftsaussichten und die Einbeziehung der Auswirkungen geplanter Sanierungsmaßnahmen, wie z.B. Personal- und/oder Lagerabbau, Laufzeitänderungen im Finanzierungsbereich, Kostensenkungsprogramme. Die Fortbestehensprognose besteht aus der „Primärprognose“, die die Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit beinhaltet und die „Sekundärprognose“, die eine längerfristige positive Ergebnisentwicklung darstellen sollte.

Primärprognose

Für einen „Primärprognosezeitraum“ (in der Regel 12 Monate ab dem Bilanzstichtag) sind wichtige Faktoren:

  • Eine integrierte Planung (Planbilanz, Plan Gewinn- und Verlustrechnung, Finanzplan);
  • Schwerpunkt auf Finanzplanung und „Working Capital“;
  • Verbale Erläuterung von Prämissen, Risiken und Unsicherheiten;
  • Eventuell die Darstellung mehrerer Szenarien;
  • Der Nachweis von Kapitalmaßnahmen und / oder Kreditlinien.

Sekundärprognose

Für den „Sekundärprognosezeitraum“ (im Regelfall 3 Jahre) geht es neben der Darlegung plausibler und nachvollziehbarer Annahmen über den weiteren Geschäftsverlauf vor allem um die Darstellung des „turn around“, also einer nachhaltigen Trendumkehr.

Das Bild zeigt eine grafische Darstellung von Finanzdaten und Marktbewegungen. Verschiedene weiße Pfeile, einige nach oben und andere nach unten zeigend, sind vor einem blauen Hintergrund angeordnet. Zwischen den Pfeilen sind numerische Daten und Prozentsätze zu sehen, die Veränderungen auf Finanzmärkten darstellen. Diese visuelle Darstellung symbolisiert die Dynamik und die Volatilität von Finanzmärkten.

Wann liegt nun eine „insolvenzrechtliche“ Überschuldung vor?

Erst wenn beide Prüfschritte zu einem negativen Ergebnis führen, liegt eine insolvenzrechtliche Überschuldung (und ein real negatives Eigenkapital) vor.

Die Prüfungsschritte sind grundsätzlich unabhängig voneinander, und es besteht daher keine bestimmte Prüfungsreihenfolge. Liegt also bei einem Unternehmen ein negatives Eigenkapital vor, ist es gleich, mit welcher ‚Insolvenz-Prüfung‘ begonnen wird. Folglich genügt auch nur ein Prüfungsschritt, wenn dieser bereits ein positives Ergebnis bringt.

Erläuterung im Anhang bei negativem Eigenkapital

Die Erläuterung bei negativem buchmäßigem Eigenkapital, warum keine insolvenzrechtliche Überschuldung vorliegt, muss aussagekräftig sein. Sofern ein positiver Überschuldungsstatus als Basis herangezogen wird, ist betragsmäßig anzugeben, welche zu Liquidationswerten ermittelten Aktiva zur Deckung der ebenfalls zu Liquidationswerten ermittelten Passiva dienen. Wesentliche Annahmen dazu sind ebenfalls offenzulegen. Wird aber eine positive Fortbestehensprognose als Basis herangezogen, sind die zugrunde gelegten Prämissen zu erläutern.

Nähere Details darüber sind nicht notwendigerweise im Anhang darzulegen (Stichwort: Veröffentlichung!), es kann auf geeignete im Unternehmen aufliegende Unterlagen (z.B.  Schätzgutachten, Rangrücktrittsvereinbarungen) verwiesen werden. Inhaltsleere oder gänzlich unbestimmte Floskeln wie „Eine insolvenzrechtliche Überschuldung liegt nicht vor, weil im Unternehmen stille Reserven vorhanden sind.“ schützen im Ernstfall (Insolvenz) sicher nicht vor Diskussionen über eine Haftung der Geschäftsführer.

Ähnliche Verpflichtungen für den Geschäftsführer: § 36 GmbH Gesetz

Nach § 36 GmbHG ist vom Geschäftsführer eine außerordentliche (a.o.) Generalversammlung insbesondere dann einzuberufen, wenn die Hälfte des Stammkapitals verlorengegangen ist (d.h., das buchmäßige Eigenkapital ist geringer als das halbe Stammkapital oder sogar negativ), oder die Eigenmittelquote weniger als 8 % und die fiktive Schuldentilgungsdauer mehr als 15 Jahre betragen (beide Begriffe und Definitionen sind im Unternehmensreorganisationsgesetz – URG verankert).

Beide Tatbestände können unabhängig voneinander vorliegen und sind getrennt zu beurteilen.

Auch wenn die Bestimmungen und Haftungsfolgen des URG grundsätzlich nur für prüfungspflichtige Unternehmen gelten, gelten diese Bestimmungen für alle, auch kleine GmbH, also unabhängig von Größe oder Prüfungspflicht. Die Regelungen sind nicht nur beim Jahresabschluss, sondern auch unterjährig zu beachten. Voraussetzung für das rechtzeitige Erkennen ist also ein geeignetes internes Kontrollsystem, welches nach § 22 GmbHG gesetzlich verpflichtend vorgesehen ist.

Ziel dieser Bestimmung ist es, die Gesellschafter rechtzeitig zu informieren, um zeitnah allfällige Gegenmaßnahmen zur Insolvenzvermeidung setzen zu können. Die nach Vorliegen eines der Tatbestände unverzüglich (Maximalfrist ca. 6 Wochen) einberufene a.o. Generalversammlung hat nur 1x stattzufinden, wenn die Kennzahl(en) erstmalig erreicht bzw. nicht erreicht wurden. Gibt es im Unternehmen mehrere Geschäftsführer, ist jeder zur Einberufung allein berechtigt und verpflichtet. Die Gesellschafter können (einvernehmlich) auf die Abhaltung der Generalversammlung verzichten. Machen sie das nicht, hat der Geschäftsführer Vorschläge zur Beseitigung der negativen Kennzahlen, bzw. zur Sanierung des Unternehmens zu unterbreiten. Kommt es zu Gesellschafterbeschlüssen (dazu besteht aber keine Verpflichtung), dann sind diese Beschlüsse dem Firmenbuchgericht mitzuteilen.

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Haben Sie noch Fragen? Kontaktieren Sie unsere Steuerberater:innen:

  • Einrichtung eines internen Kontrollsystems, das den Anforderungen des Unternehmens entspricht;
  • Verbesserung der Unternehmenssteuerung, z.B. durch Etablierung eines Soll-Ist-Vergleiches in der laufenden Buchhaltung;
  • Darlegung von geeigneten Bilanzierungsmaßnahmen zur Verbesserung der Bilanzstruktur bzw. von Bilanzkennzahlen;
  • Vermeidung von Steuerfallen bei Sanierungsmaßnahmen;
  • Ausarbeitung eines Überschuldungsstatus, z.B. unterjährig und nicht erst zum Bilanzstichtag;
  • Bewertung von Unternehmensbeteiligungen;
  • Überprüfung der Formulierung einer Rangrücktrittsvereinbarung;
  • Überprüfung der Formulierung von Patronatserklärungen;
  • Aufstellung einer kurz- und mittelfristigen Fortbestehensprognose, sogenannte Primär- und Sekundärprognose;
  • Restrukturierungs- und Sanierungsberatung;
  • Berechnung der Auswirkungen von Sanierungsmaßnahmen; insbesondere unter Berücksichtigung negativer Steuereffekte;
  • Unterstützung beim Aufbereiten von Unterlagen im Zusammenhang mit einem Insolvenzantrag.

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