News
8. November 2022
Lesezeit: 6
min.
news
Q&A der EU-Kommission zur Offenlegungspflichten nach Artikel 8 der EU Taxonomie Verordnung
Am 6. Oktober 2022 veröffentlichte die EU-Kommission Antworten zu häufig gestellten Fragen betreffend Art. 8 EU Taxonomie Verordnung.
Bereits aktuell zur nichtfinanziellen Berichterstattung verpflichtete Unternehmen müssen die Vorgaben der EU Taxonomie ab dem Geschäftsjahr 2021 beachten. Art. 8 verlangt Angaben dazu, wie und in welchem Umfang die Tätigkeiten eines Unternehmens mit Wirtschaftstätigkeiten verbunden sind, die als ökologisch nachhaltig gelten. Zukünftig wird Art. 8 für alle Unternehmen gelten, die unter die neue Corporate Sustainability Directive (CSRD) fallen und – mangels Befreiung – nichtfinanzielle Berichte zu verfassen haben.
Hintergrund der neuen Q&A der EU-Kommission zur Taxonomie Verordnung
Die EU Taxonomie Verordnung und die CSRD beinhalten im Vergleich zu den bisherigen Rechnungslegungsvorschriften für die Bilanzierung ein neuartiges Konzept der Berichterstattung. Dadurch sollen Umweltthemen, Soziales und gute Unternehmensführung in den Lagebericht integriert werden. Lesen Sie hier Näheres zu diesem Paradigmenwechsel:
- Alles zur neuen EU Taxonomie Verordnung
- Ausweitung der Nachhaltigkeitsberichtspflichten aufgrund der CSRD
Zur Konkretisierung der Offenlegungspflichten gem Art. 8 EU Taxonomie Verordnung wurde bereits im Jahr 2021 ein delegierter Rechtsakt erlassen. Demzufolge sind die ökologisch nachhaltigen Wirtschaftstätigkeiten mittels folgender Leistungskennzahlen (KPIs) zu belegen:
- Green Turn-Over (Anteil des Umsatzes mit ökologisch nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen)
- Green CapEx (Anteil der ökologisch nachhaltigen Gesamtinvestitionen)
- Green OpEx (Anteil der ökologisch nachhaltigen Betriebsausgaben).
Bei der Anwendung dieser Vorgaben stellen sich zahlreiche Zweifelsfragen. Der am 6. Oktober 2022 veröffentlichte Auslegungsbehelf soll den Inhalt des delegierten Rechtsakts erläutern und seine Durchführung erleichtern. Neben allgemeinen Fragen und Antworten stehen Nicht-Finanzunternehmen, Finanzunternehmen, Vermögensverwalter, Versicherungsunternehmen, Kreditinstitute, der Anleihemarkt und die Wechselwirkungen mit anderen rechtlichen Anforderungen im Fokus.
Zahlreiche Aussagen sowohl für verpflichtende als auch für freiwillige Nachhaltigkeitsberichte in den Q&A
In der Praxis sind die Aussagen zu allgemeinen Problemstellungen und der Abschnitt zu den Nicht-Finanzunternehmen besonders relevant. Diese Unternehmensgruppe soll künftig verstärkt zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet werden: Ab dem Geschäftsjahr 2025 ist geplant die Berichtspflicht auf große Unternehmen iSd § 221 Abs 2 iVm 3 UGB (erfüllen mind. 2 von 3 Kriterien: >250 MA / >40 Mio EUR Umsatz / >20 Mio EUR Bilanzvolumen) ausgeweitet werden. Und auch für KMU, die freiwillig einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen, können wertvolle Hinweise für eine aussagekräftige Nachhaltigkeitsberichterstattung gewonnen werden.
Zusammenfassung ausgewählter Q&A zur EU Taxonomie Verordnung
Nachfolgend fassen wir daher besonders praxisrelevante Fragen und Antworten zusammen:
Frage: Wie wird eine „Wirtschaftstätigkeit“ im delegierten Rechtsakt über die Offenlegungspflichten definiert?
Antwort: Eine Wirtschaftstätigkeit findet statt, wenn Ressourcen wie Kapital, Waren, Arbeit, Fertigungstechniken oder Zwischenprodukte kombiniert werden, um bestimmte Waren oder Dienstleistungen zu produzieren. Sie ist gekennzeichnet durch einen Einsatz von Ressourcen, einen Produktionsprozess und die produzierten Erzeugnisse (Waren oder Dienstleistungen).
In der EU Taxonomie Verordnung wird eine Zuteilung ökologisch nachhaltiger Wirtschaftstätigkeiten zu einem Sektor anhand der statistischen Systematik der Wirtschaftszweige (NACE) vorgenommen. Dabei handelt es sich aber nur um Beispiele. Im Einzelfall können die technischen Bewertungskriterien eines Wirtschaftszweiges daher auch dann herangezogen werden, wenn der NACE-Sektor des Unternehmens nicht im entsprechenden Abschnitt des delegierten Rechtsakts genannt ist.
TPA Tipp: Mit der Identifikation der verschiedenen Wirtschaftstätigkeiten eines Unternehmens sollte frühzeitig begonnen werden, da sie der Ausgangspunkt für die weiteren Prüfschritte sind.
Frage: Was ist eine taxonomiefähige Wirtschaftstätigkeit?
Antwort: Die taxonomiefähigen Tätigkeiten bilden die Grundgesamtheit der Tätigkeiten, die potenziell die technischen Bewertungskriterien erfüllen können.
Ein Unternehmen, das Umsätze erzielt (turn over) oder Investitionsausgaben (CapEx) bzw. Betriebsausgaben (OpEx) tätigt, die mit einer im delegierten Rechtsakt zur Klimataxonomie beschriebenen Wirtschaftstätigkeit verbunden sind, hat eine „taxonomiefähige“ Wirtschaftstätigkeit. Bei der Berichterstattung über CapEx und OpEx sind alle Käufe von Vermögenswerten und Prozessen oder Dienstleistungen, die für die Durchführung einer bestimmten taxonomiefähigen Tätigkeit wesentlich sind, ebenfalls taxonomiefähig.
Wenn hingegen eine Tätigkeit noch nicht im delegierten Rechtsakt zur Klimataxonomie aufgenommen ist, kann sie nicht als taxonomiefähig angesehen werden.
Die Tatsache, dass eine Wirtschaftstätigkeit taxonomiefähig ist, sagt aber noch nichts über die Umweltleistung und Nachhaltigkeit dieser Tätigkeit selbst aus. Dazu muss eine Tätigkeit den Anforderungen an „taxonomiekonforme“ Tätigkeiten entsprechen.
TPA Tipp: Erst nachdem die taxonomiefähigen Wirtschaftstätigkeiten ermittelt wurden, kann bestimmt werden, welche dieser Wirtschaftstätigkeiten in einem Geschäftsjahr tatsächlich taxonomiekonform sind. Taxonomiekonform sind allerdings nur jene Wirtschaftstätigkeiten, die die technischen Bewertungskriterien erfüllen, dabei kann es sich um „ermöglichende Tätigkeiten“ oder um „Übergangstätigkeiten“ handeln. Zur deren Abgrenzung erhalten die aktuellen Q&A ebenfalls Auslegungshinweise.
Frage: Wie werden die Begriffe Umsatz, Investitionsausgaben (CapEx) und Betriebsausgaben (OpEx) im Zusammenhang mit der Berichterstattung zur Taxonomiefähigkeit definiert?
Antwort: Die wichtigsten Leistungsindikatoren (KPI) für Umsatz, Investitionsausgaben (CapEx) und Betriebsausgaben (OpEx) werden in Anhang I Abschnitte 1.1.1, 1.1.2 und 1.1.3 des delegierten Rechtsakts über die Offenlegungspflichten definiert:
- Nicht-Finanzunternehmen geben den Teil ihres Nettoumsatzes an, der auf ihre taxonomiefähigen Wirtschaftstätigkeiten entfällt.
- Bei den Angaben zu den taxonomiefähigen CapEx liegt der Schwerpunkt der Berichterstattung auf folgenden drei Kategorien:
- Investitionen, die sich auf Vermögenswerte oder Prozesse beziehen, die mit der Erhaltung von taxonomiefähigen Wirtschaftstätigkeiten verbunden sind.
- Investitionen, die Teil eines Plans zur Ausweitung von taxonomiefähigen Wirtschaftstätigkeiten sind oder die Umwandlung taxonomiefähiger in taxonomiekonforme Wirtschaftstätigkeiten ermöglichen.
- Erwerb taxonomiekonformer Produkte oder die Vornahme einzelner Maßnahmen, um eine Zielaktivität kohlenstoffarm ausführen zu können oder den Ausstoß von Treibhausgasen zu senken. Die Maßnahmen müssen innerhalb von 18 Monaten umgesetzt und einsatzbereit sein.
- Bei der Ermittlung der grünen OpEx, also dem Anteil der ökologisch nachhaltigen Betriebsausgaben, gelten ebenfalls die drei oben genannten Kategorien. OpEx werden nicht gesondert definiert, sondern gegenüber CapEx negativ abgegrenzt (Aufwendungen, die nicht als CapEx qualifizieren). Z.B. fallen auch Reinigungskosten unter den Begriff der OpEx.
TPA Tipp: Die grünen CapEx sind ein Indikator für die zukünftige ökologische Nachhaltigkeit eines Unternehmens: Heute getätigte Investitionen werden künftig zu nachhaltigen Umsatzerlösen führen. Somit handelt es sich um eine wichtige Leistungskennzahl, um gegenüber Stakeholdern den Transformationspfad des Unternehmens zu belegen und es sollte dieser Wert daher auch in einem freiwilligen Nachhaltigkeitsbericht nicht fehlen.
Frage: Sollten die Unternehmen eine Aufschlüsselung der Taxonomiefähigkeit nach Umweltzielen melden?
Antwort: Den Unternehmen wird für die Ermittlung des nachhaltigen Umsatzes, CapEx und OpEx empfohlen, die in den Anhängen des delegierten Rechtsakts über die Offenlegungspflichten enthaltenen Meldebögen zu verwenden. Darin ist eine Aufschlüsselung nach Umweltzielen vorgesehen.
Bei den erfassten Tätigkeiten überschneiden sich Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel weitgehend. Bei der Berechnung der KPI ist jedoch zu beachten, dass es einige wichtige Unterschiede gibt. Diese Unterschiede werden in den neuen Q&A erläutert.
Frage: Inwieweit sollten die Unternehmen die taxonomiefähigen Tätigkeiten in ihrer Wertschöpfungskette bewerten und melden, und zwar sowohl die vor- als auch die nachgelagerten Tätigkeiten?
Antwort: Im Allgemeinen beinhaltet die Berichterstattung über taxonomiefähige Tätigkeiten keine Bewertung der Wertschöpfungskette eines Unternehmens, da die Beschreibungen der Tätigkeiten im delegierten Rechtsakt zur Klimataxonomie in den meisten Fällen keine Hinweise auf die Wertschöpfungskette enthalten. Ebenso wenig wird bei der Berichterstattung über taxonomiefähige Tätigkeiten von den Unternehmen erwartet, dass sie die Nachhaltigkeit ihrer Lieferanten bewerten. Die Q&A enthalten aber auch Beispiele für die Berücksichtigung vor- und nachgelagerter Tätigkeiten.
TPA Tipp: Für eine nachhaltige Transformation der Wirtschaft sollen Unternehmens ESG-Aspekte nicht nur im eigenen Geschäftsbereich, sondern auch bei ihren Geschäftsbeziehungen zu Lieferanten, Kunden, etc berücksichtigen. Mit der EU-Lieferketten-Richtlinie, die bereits im Entwurf vorliegt, plant die EU verpflichtende Standards zur Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards in der Lieferkette einzuführen. Kontaktieren Sie unsere Expert:innen, um rechtzeitig Informationen über die sich abzeichnenden Neuerungen zu erhalten! Wir haben die wesentlichsten Punkte für Sie übersichtlich zusammengefasst:
Frage: In welchem Zusammenhang steht der delegierte Rechtsakt über die Offenlegungspflichten zu den vorgeschlagenen Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen der CSRD?
Antwort: Ziel der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist die Erhöhung der Transparenz über ökologische und soziale Aspekte. Dabei sollen die verschiedenen Rechtsvorschriften einander ergänzen. Die von der EU-Taxonomie geforderten Informationen sollen im selben Lagebericht zusammen mit anderen nachhaltigkeitsbezogenen Informationen gemäß den Bestimmungen des CSRD-Vorschlags berichtet werden. Für diese Informationen sollen dieselben Bestätigungs- und Digitalisierungsanforderungen gelten, demnach besteht auch eine Prüfpflicht durch den Abschlussprüfer, sofern das Unternehmen grundsätzlich prüfungspflichtig ist