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3. März 2025
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Regierungsprogramm 2025-2029 – Analyse der steuerlichen Vorhaben
Am 27. Februar 2025 haben die Koalitionsparteien das neue Regierungsprogramm für die Jahre 2025-2029 mit der Überschrift „Jetzt das Richtige tun. Für Österreich.“ vorgestellt.
Darin finden sich auch viele wesentliche steuerliche Änderungen, die nachfolgend im Überblick dargestellt werden.
Änderungen im Bereich Immobilien
- Verschärfung GrESt auf Share Deals: Um große Immobilientransaktionen im Rahmen von Share Deals steuerlich effektiver zu erfassen, soll mit 01.07.2025 ein sog. Lückenschluss im Bereich der Grunderwerbsteuer erfolgen. Das Regierungsprogramm führt als Maßnahme beispielhaft die stärkere Zusammenrechnung verbundener Erwerber an. Details sind noch nicht bekannt.
Die in den Medien kolportierte Erhöhung des GrESt-Satzes von derzeit 0,5% auf 3,5% auf Share Deals wird im Regierungsprogramm nicht dezidiert angeführt. In den Medien ist weiters von der Anhebung der Bemessungsgrundlage auf den Verkehrswert zu lesen.
Zu hoffen ist, dass im GrEStG nicht nur Lücken zu Lasten, sondern auch solche zu Gunsten der Steuerpflichtigen geschlossen werden, beispielsweise bei der Anwachsung und bei den Anrechnungsbestimmungen.
- Erleichterung für den Erwerb des ersten Eigenheims: Laut Regierungsprogramm soll die Abschaffung der staatlichen Nebengebühren sowie der GrESt beim Erwerb des ersten Eigenheims (z. B. wie bereits bei der Eintragungsgebühr für Ersterwerbe bis EUR 500.000) als Erleichterungsmaßnahme geprüft werden.
- Kein Vorsteuerabzug für Luxusimmobilien: unter dem Titel „Maßnahmenpaket im Bereich Betrugsbekämpfung“ sieht das Regierungsprogramm die Abschaffung des Vorsteuerabzugs für „Luxusimmobilien“ vor. Infolge der bisher sehr strengen, aber weiterhin unklaren Regelungen ist zu hoffen, dass die neue Gesetzesbestimmung hier künftig mehr Klarheit bringt.
Weiters soll eine Ausweitung des Reverse Charge-Systems im Rahmen der Umsatzsteuer auf Grundstücke kommen.
- Widmungsabgabe in der Immo-ESt: Widmungsgewinne aus Widmungen sollen noch im Jahr 2025 im Rahmen der Immo-ESt steuerlich frühzeitig und effektiver erfasst werden – Widmungsabgabe; es wird von uns vermutet, dass die pauschale Ermäßigung der ImmoESt bei Umwidmung teilweise oder gänzlich wegfällt. Die Regelung gilt für alle juristischen und natürlichen Personen und somit für natürliche Personen, Unternehmen sowie Vereine und Körperschaften öffentlichen Rechts sowie Gebietskörperschaften. Details sind offen.
- Aufwertungswahlrecht für den Grund & Boden im UGB: Es soll im UGB die Möglichkeit eines Aufwertungswahlrechtes des Bilanzansatzes von Grund und Boden auf den Verkehrswert auch über die Anschaffungskosten hinaus evaluiert werden. Damit sollen stille Reserven ohne GrESt-Belastung „gehoben“ werden. Ob hiermit auch eine Einkommensteuerpflicht einhergehen soll, ist offen. Im Gegenzug sollen entsprechende Vorkehrungen im Gläubigerschutz kommen.
Änderungen im Bereich Immobilien-Investmentfonds
- Einführung Blocking-Period: Mit 01.01.2022 trat die Novelle des österreichischen Immobilien-Investmentfondsgesetzes (ImmoInvFG) in Kraft. Ab spätestens 01.01.2027 soll eine Mindestbehaltedauer (12 Monate) und eine Rückgabefrist (12 Monate) für österreichische Immobilienfonds gelten. Weiters soll eine „Hurdlerate“, unter der die Rückgabefrist von 12 Monaten nicht anwendbar ist, kommen.
Änderungen im Bereich Einkommensteuer - betrieblich
- Erhöhung Basispauschale: Bereits ab 2025 soll die Möglichkeit zur Basispauschalierung – inklusive zum Vorsteuerpauschale in der USt – zunächst auf EUR 320.000 sowie 13,5% und ab 2026 auf EUR 420.000 sowie 15% angehoben werden.
- Anhebung Gewinnfreibetrag: Ab 01.01.2027 wird – unter Budgetvorbehalt – der Grundfreibetrag von 15% bis EUR 33.000 auf 15% bis EUR 50.000 dauerhaft angehoben.
- Sonderabschreibungen: laut Regierungsprogramm sollen die Abschreibungsdauern insgesamt evaluiert und nach Prüfung an die tatsächlichen Nutzungsdauern angepasst werden. Es ist also davon auszugehen, dass es zu einer Änderung der gesetzlichen Nutzungsdauern kommen kann. Zu hoffen ist, dass es im Rahmen der Vereinfachung des Rechnungswesens zu einer Verkürzung der steuerlichen Firmenwertabschreibung auf höchstens 10 Jahre wie im UGB kommt.
Erleichterung Betriebsübergaben Um Betriebsübergaben an die nächste Generation wesentlich zu erleichtern, wird der steuerliche Freibetrag für Betriebsveräußerungen und Betriebsaufgaben ab 01.01.2027 von EUR 7.300 – erstmals seit Jahrzehnten – auf EUR 45.000 angehoben. Zusätzlich entfällt für die Nutzung des „Hälftesteuersatzes“ das Berufsverbot, es ist also dann nicht mehr erforderlich, die Erwerbstätigkeit einzustellen.
- Anhebung der Luxustangente: dem Regierungsprogramm zufolge soll – unter Budgetvorbehalt – die Luxustangente schrittweise in Richtung EUR 65.000 angehoben werden. In einem ersten Schritt ist eine Anhebung ab 2027 auf EUR 55.000 vorgesehen.
Einkommensteuer – Alle Steuerpflichtigen
- Neukodifizierung des Einkommensteuergesetzes wird angestrebt.
- Verlängerung Spitzensteuersatz: laut Regierungsprogramm soll der aktuell befristete EStG-Spitzensteuersatzes von 55 % um 4 Jahre verlängert werden.
- Bremse Kalte Progression: das Regierungsprogramm sieht weiters das Aussetzen eines Drittels der Inflationsanpassung des Einkommensteuertarifs (Kalte Progression) vor.
- Steuerfreie MA-Prämie: es soll eine verbesserte steuerfreie MA-Prämie (bis zu EUR 1.000 kommen, für 2025 & 2026 werden dafür je EUR 125 Mio. zur Verfügung gestellt.
- Anreiz für Überstunden / Zuschläge: Überstunden bzw. Zuschläge sollen steuerlich besser begünstigt werden. Detailregelung stehen unter Budgetvorbehalt und sollen noch mit der Sozialpartnerschaft erarbeitet werden.
- Erhöhung Freibetrag 13. & 14. Monatsgehalt: Der Freibetrag von derzeit EUR 620 im Rahmen der Besteuerung der sonstigen Bezüge (13. und 14. Monatsgehalt) soll angehoben werden.
Weiters wird eine Erhöhung der Steuerbefreiungen für Zuwendungen des Arbeitgebers an Arbeitnehmer (zB Betriebsveranstaltung sowie steuerfreie Mitarbeitergutscheine) evaluiert.
- Trinkgeldregelungen: das Regierungsprogramm sieht eine Evaluierung und praxistaugliche Ausgestaltung der Regelungen für die Trinkgeldpauschale inkl. TRONC-Systeme vor.
- Vereinfachung Lohnverrechnung und Arbeitnehmerveranlagung: laut Regierungsprogramm soll ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Vereinfachung, Entbürokratisierung und Digitalisierung der Lohnverrechnung und der Arbeitnehmerveranlagung kommen.
- Darüber hinaus sind noch weitere Änderungen vorgesehen:
- Evaluierung von Möglichkeiten zur Vorsorge für junge Menschen auch für Wertpapiere (z. B. ETF-Sparpläne)
- Weitere Attraktivierung von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen
- Reduktion des Kilometergeldes für Fahrräder und Motorräder auf 25 Eurocent
- Erhöhung des Pendlerpauschales ab 2026
- Erhöhung des jährlichen Freibetrags für Zuwendungen zur privaten Vorsorge
- Senkung der Lohnnebenkosten durch stufenweise Entlastung des FLAF
- Einfrieren der Beitragsgrenze für geringfügig Beschäftigte auf EUR 551,10 und Einbeziehung in die Krankenversicherungspflicht: 3,87 % für den Dienstnehmer und 3,78 % für den Dienstgeber
- Neues Modell des Zuverdienstes für Personen in echter Alterspension
- Zeitnahe Umsetzung der Sozialpartnereinigung zur Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge (insbesondere des Generalpensionskassenvertrages)
- Prüfung einer verbesserten Praxistauglichkeit der Sachbezugsregelung bei Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter-Wohnungen sowie des geldwerten Vorteils bei Kinderbetreuungsangeboten des Arbeitgebers sowie von Mitarbeiterrabatten.
Änderungen im Bereich Start-Ups
- Aktivierungswahlrecht: durch das derzeitige Aktivierungsverbot selbst erstellter immaterieller Vermögensgegenstände haben Start-ups Nachteile im Wettbewerb um internationale Geldgeber, weil selbst geschaffene Vermögenswerte in der Bilanz nicht sichtbar sind und daher das Eigenkapital schmälern. Das Aktivierungsverbot soll daher in Anlehnung an internationale Entwicklungen, insbesondere Deutschland, durch ein Aktivierungswahlrecht für selbsterstellte immaterielle Vermögensgegenstände ersetzt werden. Dem Gläubigerschutz soll durch eine bilanzielle Ausschüttungssperre oder durch andere adäquate Maßnahmen Rechnung getragen werden. Ob dem Aktivierungswahlrecht auch steuerlich gefolgt wird, wird sich zeigen.
- FlexCo: die neue „Flexible Kapitalgesellschaft“ wird evaluiert und gegebenenfalls weiterentwickelt.
Änderungen im Bereich internationales Steuerrecht
- Wegzugsbesteuerung: ´die aktuelle Wegzugsbesteuerung soll effektiver ausgestaltet werden. Weitere Details sind nicht bekannt.
- Vereinfachung der Quellensteuerrückerstattung: um die Quellensteuerrückerstattung bei grenzüberschreitenden Veranlagungen zu vereinfachen und zu beschleunigen, soll die FASTER-Initiative der EU raschestmöglich in nationales Recht überführt werden.
- Verbesserung Rahmenbedingungen für Homeoffice: für grenzüberschreitendes Homeoffice/ remote-Working soll auf internationaler Ebene (OECD, EU) auf koordinierte und rechtssichere Rahmenbedingungen hingewirkt werden. Weiterführende Anhaltspunkte sind dem Regierungsprogramm nicht zu entnehmen.
Änderungen im Bereich Privatstiftungen
- Steuersatzanhebung: das Regierungsprogramm sieht eine Anhebung der Stiftungseingangssteuer und des Stiftungseingangssteueräquivalents auf 3,5 % und der Zwischensteuer für Stiftungen auf 27,5 % vor.
- Unverändertes Stiftungsprivileg: das Stiftungsprivileg, also die Möglichkeit zur Übertragung stiller Reserven nach § 13 Abs. 4 KStG, bleibt soweit ersichtlich unberührt.
Weitere Änderungen im Bereich Steuern
- Erhöhung der Abgaben auf Glückspiel: laut Regierungsprogramm soll die Glücksspielabgabe um 10% angehoben werden. Weiters ist vorgesehen, die Wettgebühren ab 01.01.2026 schrittweise in Richtung 5% zu erhöhen.
- Nachhaltige Besteuerung von Tabak: das Regierungsprogramm sieht eine Anhebung der Tabaksteuer sowie eine Ausweitung der Besteuerung auf alternative Erzeugnisse vor.
- Erweiterung Digitalsteuer: weiters ist eine Ausweitung der Digitalsteuer auf weitere Services vorgesehen.
- Motorbezogene Versicherungssteuer für E-Autos: es soll die motorbezogene Versicherungssteuer auf E-Autos ausgeweitet werden.
- NoVA-Befreiung: Befreiung N1/Klein-LKWs von der NoVA ab 1.7.2025, Einführung einer praktikablen Regelung für „Heimfahrer“ von Klein-LKWs
- Zollfreigrenze: zur Sicherstellung eines fairen Wettbewerbs für heimische Handelsunternehmen soll auf EU-Ebene auf die Abschaffung der Zollfreigrenze hingewirkt werden.
- Erleichterung Belegausstellung: es soll die Belegausstellungspflicht bis 35 Euro abgeschafft („Ausdruck“) und als Alternative ein digitaler Beleg eingeführt werden. Darüber hinaus sollen Vereinfachungen bei der Registrierkasse (15-Waren-Regelung Dauerrecht), beim Wareneingangsbuch und bei der Kalte-Hände-Regelung kommen.
- PV-Anlagen: laut Regierungsprogramm ist die vorzeitige Abschaffung des für bestimmte PV-Anlagen geltenden USt-Nullsteuersatzes geplant.
Standortbeiträge der Energiewirtschaft und der Banken
- Energiekrisenbeiträge: Der Energiekrisenbeitrag Strom sowie der Energiekrisenbeitrag Fossile Energie soll verlängert und so angepasst werden, dass bereits 2025 sowie auch in den Folgejahren Einnahmen von EUR 200 Mio erzielt werden.
- Stabilitätsabgabe: Die Bankenabgabe (Stabilitätsabgabe) soll derart angepasst werden, dass 2025 und 2026 Einnahmen von rd EUR 500 Mio und in den Folgejahren jeweils etwa EUR 200 Mio erzielt werden.
Ausblick
Die oben skizzierten Änderungen stellen naturgemäß nur einen Auszug der bisherigen politischen Detailverhandlungen dar. Für eine eingehendere Analyse bleibt zusätzlich die legistische Umsetzung im 1. Halbjahr 2025 abzuwarten, wobei zu hoffen bleibt, dass weitere Vorschläge der KSW aus ihrem Positionspapier „Gegensteuern“ Berücksichtigung finden.