Betriebsstättenrisiko: Supply Chain-Strukturen

Betriebsstättenrisiko: Supply Chain-Strukturen

Betriebsstättenrisiko: Supply Chain-Strukturen

Vorsicht Betriebsstättenrisiko in Österreich!

Aufgrund zahlreicher Kontroversen in der Praxis der Betriebsprüfungen ist bei solchen Strukturen auf das gegebene komplexe steuerliche Betriebsstättenrisiko zu achten. Was Sie über Homeoffice und Betriebsstätten in Österreich wissen müssen, haben unsere Experten hier für Sie zusammengefasst!

#Lesetipps zum Thema Betriebstätte

1.    Woraus ergibt sich das Betriebsstättenrisiko?

Das Betriebsstättenrisiko besteht darin, dass die lokale Kommissionärsgesellschaft – in der Regel im Rahmen einer lokalen Betriebsprüfung – als sogenannte „Vertreterbetriebsstätte“ eingestuft werden könnte. Eine Vertreterbetriebsstätte liegt nämlich entsprechend dem OECD-Musterabkommen, dem die meisten österreichischen Doppelbesteuerungsabkommen nachgebildet sind, dann vor, wenn die folgenden Punkte erfüllt sind.

Definition einer Vertreterbetriebsstätte in Österreich

  • eine Person in einem Staat
  • für ein Unternehmen des anderen Staat tätig ist,
  • Verträge im Namen des vertretenen Unternehmens in diesem Staat abschließt (Abschlussvollmacht), und
  • diese Befugnis gewöhnlich ausübt (Nachhaltigkeit), und
  • nicht ein unabhängiger Vertreter ist (Abhängigkeit).

Wesentlich ist, dass somit – abweichend von der Grundregel – über das Tätigwerden einer anderen Person und ohne Vorliegen von festen Geschäftsräumlichkeiten eine Betriebsstätte für ein Unternehmen begründet werden kann.

Hier erfahren Sie mehr über die Auswirkungen des OECD BEPS Aktionsplan für KMUs!

Abschlussvollmacht

Eine Abschlussvollmacht im Sinne der obigen Definition liegt jedenfalls vor, wenn eine Person berechtigt ist, rechtsverbindliche Verträge für das vertretene Unternehmen abzuschließen (rechtliche Vollmacht).

Nach Ansicht zahlreicher Finanzbehörden – unter anderem auch der österreichischen – ist es allerdings nicht erforderlich, dass die Abschlussvollmacht förmlich erteilt wird, sondern es reicht bereits eine faktische Vollmacht aus.

Von einer faktischen Abschlussvollmacht ist auszugehen, wenn eine Person ermächtigt ist, alle Einzelheiten eines Vertrags rechtlich oder wirtschaftlich verbindlich für das vertretene Unternehmen auszuhandeln und lediglich die Unterschrift von einer anderen Person vollzogen werden muss. Sofern allerdings noch wesentliche Vertragsbestandteile der Verhandlung durch das vertretene Unternehmen vorbehalten sind, die einen unmittelbaren Kontakt zwischen dem vertretenen Unternehmen und den Kunden erfordern, liegt keine Abschlussvollmacht des Vertreters vor. Somit kommt es in der Praxis vor allem auch die internen Prozesse im Hinblick auf die Geschäftsanbahnung und deren Dokumentation an.

Nachhaltigkeit

Das Erfordernis der „gewöhnlichen Ausübung“ der Vollmacht bedarf nach Ansicht des deutschen Bundesfinanzhofes (BFH), dass diese über einen längeren Zeitraum ausgeübt wird, der jedenfalls bei einer Tätigkeit von nur 60 Tagen nicht erreicht ist. Eine einmalige Vertragsunterschrift erfüllt keinesfalls den Tatbestand der gewöhnlichen Ausübung. Jedenfalls bei mehrjähriger Tätigkeit wird das Kriterium der gewöhnlichen Ausübung bzw Nachhaltigkeit gegeben sein.

Abhängigkeit

Abhängigkeit des Vertreters wird nach Ansicht der Finanz regelmäßig dann anzunehmen sein, wenn zwischen Kommittenten und Kommissionär eine finanzielle Verbindung besteht und der Kommissionär nur für einen einzigen Auftraggeber tätig wird. Sofern der Kommissionär allerdings mehrere Auftraggeber hat, ist derzeit unklar, ab wann eine wirtschaftliche Abhängigkeit unterstellt wird.

2.    Was sind die Folgen einer Vertreterbetriebsstätte?

Wird eine Vertreterbetriebsstätte entsprechend obigen Ausführungen begründet, unterliegen die Gewinne des vertretenen Unternehmens, die der Vertreterbetriebsstätte zugeordnet werden können (neben der eigenen Gewinne des Vertreters), der Ertragsbesteuerung vor Ort.

Vor allem in sog. Downsizing-Fällen – wenn vorher als Eigenhändler auftretende Tochtergesellschaften zum Kommissionär „herabgestuft“ und im Zuge dessen die lokalen Gewinnmargen reduziert werden – wird seitens Finanzverwaltungen beispielsweise versucht, über die Annahme einer Vertreterbetriebsstätte das lokale Steueraufkommen aufrecht zu erhalten. Weiters wird auch geprüft, ob es nicht zur steuerpflichtigen Übertragung des Kundenstocks etc. an das ausländische Unternehmen gekommen ist.

3.    Offene Fragen und wesentliche Aussagen kürzlicher Entscheidungen

In der Praxis ergeben sich im Fall von Kommissionärs-Strukturen zahlreiche offene Fragen und Kontroversen, die nicht abschließend geklärt sind. Beispielsweise folgende:

Verfügt ein Kommissionär über eine (faktische) Abschlussvollmacht?

Während die österreichische Finanz – gerade in sog. Downsizing-Fällen – davon ausgeht, dass im Fall von Kommissionären eine ausreichende faktische Abschlussvollmacht für die Annahme einer Vertreterbetriebsstätte vorliegt, wurde in den höchstgerichtlichen Entscheidungen in Frankreich (Rechtssache Zimmer, 2011) sowie in Norwegen (Rechtssache Dell, 2011) festgehalten, dass Kommissionäre den Kommittenten regelmäßig nicht rechtlich binden und daher keine Vertreterbetriebsstätten darstellen können. Diesbezüglich sind insbesondere die abgeschlossenen Verträge heranzuziehen und zu prüfen.

Ab wann ist ein Vertreter als abhängig einzustufen?

Häufig wird bei Betriebsprüfungen argumentiert, dass bereits aufgrund der finanziellen Beteiligung des Kommittenten am Kommissionär eine Abhängigkeit begründet wird. Als schädlich werden desweiteren regelmäßig exklusives Tätigwerden für einen Kommittenten sowie operative Vorgaben (beispielsweise hinsichtlich Marketing, Recruiting) des Kommittenten an den Kommissionär eingestuft.

Das italienische Höchstgericht (Rechtssache Boston Scientific, 2012) sowie das indische Tribunal (Rechtssache B4U, 2012) kommen in ihren Entscheidungen des Jahres 2012 allerdings zu dem Schluss, dass allein aufgrund der finanziellen Beteiligung keine ausreichende Abhängigkeit vorliegt. Auch ein exklusives Tätigwerden kann branchenabhängig geboten sein und uE somit nicht betriebsstättenbegründend wirken. (Lediglich) Umfangreiche operative Vorgaben, die den operativen Entscheidungs- und Handlungsspielraum des Kommissionärs wesentlich einschränken, können uE zur Abhängigkeit des Kommissionärs führen.

Welcher Gewinn ist der Vertreterbetriebsstätte zuzuordnen?

Die österreichische Finanz geht aufgrund jüngerer OECD-Entwicklungen davon aus, dass der Betriebsstätte ein über die fremdübliche Provision an den Kommissionär hinausgehender Gewinn zugerechnet werden kann. Das indische Tribunal (Rechtssache B4U, 2012) hält in seiner aktuellsten Entscheidung fest, dass der Vertreterbetriebsstätte kein Gewinn zuzurechnen ist, sofern die Provision an den Kommissionär bzw Handelsagenten fremdüblich ist.

TPA Tipp um das Betriebstättenrisiko zu minimieren

Sofern lokale Vertriebsgesellschaften als konzerninterne Kommissionäre strukturiert sind, sollten die Vertragsbeziehungen, die Zuteilung von Ressourcen (insbesondere Lagerbestände) und die internen Prozesse sorgfältig strukturiert werden, um das komplexe Betriebsstättenrisiko zu minimieren. Dies gilt umso mehr, sofern bestehende Konzerngesellschaften vom Eigenhändler zum Kommissionär herabgestuft werden sollen. Ihr TPA Steuerberater unterstützt Sie diesbezüglich gerne.

 

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