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3. Februar 2023
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Unshell Richtlinie – Kampf gegen Briefkastengesellschaften: Update durch das Europäische Parlament vom Jänner 2023
Bereits am 22. Dezember 2021 hat die EU Kommission einen Richtlinienvorschlag für die „Unshell Richtlinie“ (auch als „ATAD3“ bezeichnet) veröffentlicht. Mitte Jänner 2023 wurde nunmehr ein Update veröffentlicht, in dem insbesondere Änderungsvorschläge bezüglich der sogenannten „Gateway“-Regeln – also der Prüfschritte zur Feststellung, ob eine Briefkastengesellschaft vorliegt – seitens des Europäischen Parlaments eingebracht wurden. Die Umsetzung ist nach wie vor für Anfang 2024 geplant, sodass bereits die Jahre 2022 und 2023 für die Einstufung relevant sind.
Ausgangspunkte der Unshell Richtlinie
Die „Unshell“-Richtlinie enthält Vorschriften zur Verhinderung des Missbrauchs von sog. „Briefkastenfirmen“, also passiven Gesellschaften zu Steuerzwecken: Briefkastengesellschaften, die keine wirtschaftlichen Tätigkeiten ausüben und über keine Substanz verfügen, werden meldepflichtig und (!) können nicht mehr die EU Mutter-Tochter-Richtlinie oder Doppelbesteuerungsabkommen (DBAs) in Anspruch nehmen; weiters werden die Einkünfte der Briefkastengesellschaft ihren Anteilseignern direkt zugerechnet. Dies betrifft zukünftig zum Beispiel auch Privatpersonen – es handelt sich somit im Ergebnis um eine erweiterte Hinzurechnungsbesteuerung, die auch auf Ebene von natürlichen Personen erfolgen kann. Darüber hinaus ist auch eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der EU Amtshilfe (DAC9) vorgesehen.
Der aktuelle Richtlinienvorschlag gilt hingegen nicht für Drittstaatengesellschaften – hier wird aber im Laufe des Jahres 2023 ein eigener Richtlinienvorschlag („SAFE“; Securing the Activity Framework of Enablers) erwartet.
Änderungsvorschläge bei Gateways gegenüber Richtlinienvorschlag 2021
Die Unshell Richtlinie legt einen siebenstufigen Ansatz für die Steuerbehörden fest, um Unternehmen zu identifizieren, denen ein Mindestmaß an Substanz fehlt und die missbräuchlich zur Erlangung von Steuervorteilen genutzt werden. Die Unshell-Bestimmungen gelten grundsätzlich für alle Unternehmen, unabhängig von deren Rechtsform, die als in einem EU-Mitgliedstaat steuerlich ansässig gelten und Anspruch auf eine Ansässigkeitsbescheinigung in einem EU Mitgliedstaat haben (inkl Personengesellschaften).
Änderungen der Prüfschritte des ersten Gateways
Im Rahmen des Updates im Jänner 2023 wurden insbesondere die Prüfschritte des ersten Gateways wie folgt geändert:
- Einkünfte: Mehr als 75 % der Einkünfte des Unternehmens in den beiden vorangegangenen Steuerjahren bestehen aus „passiven Einkünften“ wie Dividenden, Zinsen, Lizenzgebühren und Einkünften aus Kryptoanlagen, Versicherungen und Immobilien usw. Diese Anforderung wäre auch erfüllt, wenn mehr als 75 % der Vermögenswerte aus Vermögenswerten bestehen, die solche passiven Einkünfte generieren. Änderungsvorschlag durch Update von Jänner 2023: Mehr als 65% (vorher 75%) der Einkünfte in den vorangegangenen zwei Jahren sind „relevante Einkünfte“, was im Großen und Ganzen passive Einkünfte (z.B. Dividenden, Zinsen, Tantiemen) umfasst.
- Grenzüberschreitendes Element: Entweder waren in den vorangegangenen zwei Jahren mehr als 60 % des Buchwerts der „Vermögenswerte mit passivem Einkommen“ außerhalb des Mitgliedstaats des Unternehmens angesiedelt, oder mehr als 60 % der passiven Einkünfte des Unternehmens werden durch grenzüberschreitende Transaktionen erzielt oder ausgezahlt. Änderungsvorschlag durch Update von Jänner 2023: Mehr als 55 % (zuvor 60 %) des Buchwerts der Vermögenswerte des Unternehmens befinden sich seit mindestens zwei Jahren außerhalb des Mitgliedstaats des Unternehmens, oder mehr als 55 % (zuvor 60 %) der relevanten Einkünfte des Unternehmens werden durch grenzüberschreitende Transaktionen erzielt.
- Management und Verwaltung: In den vorangegangenen zwei Steuerjahren wurde die Verwaltung des Tagesgeschäfts und die Entscheidungsbefugnis über wesentliche Funktionen des Unternehmens ausgelagert. Änderungsvorschlag durch Update von Jänner 2023: Das Unternehmen hat die Verwaltung seines Tagesgeschäftes und die Entscheidungsfindung an einen Dritten ausgelagert (eine Auslagerung im Konzern ist daher unschädlich).
Die Änderungen sehen auch vor, dass die ursprüngliche Ausnahme für Gesellschaften, die zumindest 5 Vollzeitmitarbeiter aufweisen, gestrichen werden soll.Im Rahmen der weiteren Gateways erfolgt auch eine Prüfung, inwiefern die Gesellschaft Substanz aufweist. Auch hier gibt es unter anderem einige Änderungsvorschläge im Rahmen des Updates von Jänner 2023:Räumlichkeiten: Die Gesellschaft muss jedenfalls eigene Büroräumlichkeiten aufweisen.Änderungsvorschlag durch das Update von Jänner 2023: Nicht nur eigene Räumlichkeiten, sondern auch Räumlichkeiten, die mit anderen Unternehmen derselben Gruppe geteilt werden, sollen das Substanzkriterium erfüllen.
Eigenes Bankkonto. Die Gesellschaft muss ein eigenes Bankkonto aufweisen.
Änderungsvorschlag durch das Update von Jänner 2023: Neben einem eigenen Bankkonto sollen auch „E-Geld-Konten“ anerkannt werden. Neu ist daneben das vorgeschlagene Kriterium, dass nur solche Konten von Relevanz sind, über die maßgebliche Einkünfte eingehen.
Qualifikation des Geschäftsführers: Der Geschäftsführer muss für seine Funktion qualifiziert sein.
Änderungsvorschlag durch das Update von Jänner 2023: Die Bedingung, dass ein Mitglied der Geschäftsführung „qualifiziert“ sein muss, soll gestrichen werden.
Folgen
Ein Unternehmen, das alle drei Kriterien erfüllt, würde als „risikobehaftet“ gelten und unterliegt einer Meldepflicht, Angaben zu seiner Substanz zu machen, um festzustellen, ob es als Briefkastengesellschaft anzusehen ist.
Ein Unternehmen, das als Briefkastengesellschaft gilt und die Vermutung der fehlenden Substanz nicht widerlegt, darf weder die EU-Mutter-Tochter-Richtlinie noch die EU Zins-Lizenz Richtlinie oder DBAs anwenden. Außerdem würden Informationen über EU-Briefkastengesellschaften automatisch über ein EU-weites zentrales Verzeichnis ausgetauscht werden. Die Mitgliedstaaten könnten auch einen anderen Mitgliedstaat um eine Steuerprüfung ersuchen, wenn sie Grund zu der Annahme hätten, dass ein Unternehmen möglicherweise nicht über die erforderliche Mindestsubstanz verfügt.
Änderungen bei Sanktionen
Die Nichteinhaltung der Vorschriften sollte nach dem Vorschlag aus 2021 eine Strafe von mindestens 5 % des Umsatzes des Unternehmens in dem betreffenden Jahr nach sich ziehen. Dies wurde durch das aktuelle Update im Jänner auch geändert: Bei Fristverletzungen soll die Strafe auf 2 % der Umsätze und im Falle von falschen Angaben im Rahmen der Meldepflicht auf 4 % der Umsätze geändert werden.
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