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27. März 2025
Lesezeit: 4
min.
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Krisenbewältigung für KMUs: Praxisnahe Strategien für Unternehmen in der Krise
Angesichts der angespannten aktuellen Wirtschaftslage wie auch der aufgrund der Spätfolgen der Covid-19 Krise und den Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine ist die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im Steigen. Die rechtzeitige Identifikation und Bearbeitung von Krisensymptomen ist daher wichtiger denn je. Allenfalls ist eine Fortbestehensprognoserechnung erforderlich.
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Erkennen und Interpretieren von Krisenanzeichen
Es gibt zahlreiche Indizien, die darauf hindeuten, dass ein Unternehmen in der Krise steckt. Diese werden in finanzielle, betriebliche, personelle und strategische Anzeichen unterschieden.
Nachfolgend haben wir typische Anzeichen für Krisen, welche in der Praxis vor allem im KMU-Bereich auch ohne ein aktuelles und umfassendes Kennzahlensystem leicht erkennbar sind, angeführt:
Finanzielle Anzeichen
- Liquiditätsengpässe: verspätete Zahlungen an Lieferanten, Beantragung von Krediterweiterungen, Rückstände bei Abgabenbehörden
- Sinkende Umsätze: signifikant rückläufige Umsätze sind ein Signal, dass das Unternehmen Marktanteile verliert
- Verschlechterung von Kennzahlen: (wiederholte) Verluste und sinkende oder negative Eigenkapitalquoten zeigen, dass ein Unternehmen Vermögenswerte abbaut und nicht profitabel arbeitet
Operative Anzeichen
- Rückläufige Produktivität: wenn die Qualität der Produkte sinkt und Lieferengpässe häufiger auftreten, ist dies meist ein Zeichen für Probleme in den betrieblichen Abläufen
- Hohe Fluktuation bei Lieferanten
Anzeichen im Personalbereich
- Erhöhte Mitarbeiterfluktuation: Wenn qualifizierte Mitarbeiter und Schlüsselarbeitskräfte das Unternehmen verlassen, deutet dies oft auf interne Unsicherheiten über die Zukunft des Unternehmens hin
- Motivationsverlust: Demotivierte Mitarbeiter führen zu einer Zunahme von Fehlzeiten und auch zu einer sinkenden Produktivität
Strategische/Externe Anzeichen
- Fehlende Innovationen: Krisenhafte Unternehmen sind oft nicht mehr in der Lage, ihre Wettbewerbsfähigkeit durch Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen abzusichern
- Verlust von Schlüsselpartnern: Unzufriedenheiten bei wichtigen Kunden, Lieferanten, die vermehrt Sicherheiten (Vorauskassa, Bankgarantien) verlangen, sowie Geschäftspartner und Investoren, die sich zurückziehen
Rechtzeitiges Handeln durch die Geschäftsführung
Geschäftsführer wie auch Eigentümer erkennen oftmals nicht früh genug (oder wollen dies nicht wahrhaben), dass die finanzielle Schieflage des Unternehmens gravierend ist.
Oft herrscht die Wunschvorstellung vor, dass sich die Situation auch ohne drastische Maßnahmen und am besten von selbst verbessern wird. Viele Unternehmer und Leitungsorgane sehen in einem Insolvenzverfahren das Ende des Unternehmens – verbunden mit der Angst vor einem finanziellen Schaden und einem Reputationsverlust.
Wird allerdings ein Sanierungsprozess oder ein Insolvenzverfahren nicht aktiv vorbereitet und betrieben, besteht mit großer Wahrscheinlichkeit keine Chance, das Unternehmen zu sanieren.
Frühzeitige Anträge im Insolvenzverfahren ermöglichen es oft, Sanierungsverfahren wie das Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung oder ohne Eigenverwaltung in Anspruch zu nehmen.
Dies ermöglicht es, im Sanierungsverfahren Teilbereiche des Unternehmens, die in der Vergangenheit Verluste erwirtschaftet haben, zu schließen und die gesunden Teilbereiche gewinnbringend fortzuführen – und damit Arbeitsplätze und die Unternehmenszukunft zu sichern.
Die im Jahr 2024 eröffneten Insolvenzverfahren zeigen ein eindeutiges Bild (Stand 08.10.2024):
- Eröffnete Konkursverfahren und damit meist verbunden die Schließung des Unternehmens: 2.829
- Eröffnete Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung: 291
- Eröffnete Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung: 33
Durch aktive und frühzeitige Vorbereitung (mindestens 2–3 Monate vor Antragstellung) und Einleitung eines Sanierungsverfahrens hätte man aus Expertensicht mindestens 10–20 % der eingeleiteten Konkursverfahren mit großer Wahrscheinlichkeit vermeiden und damit Arbeitsplätze und Unternehmen sichern und retten können.
Unsere Leistungen für Unternehmen in der Krise
Erstellung einer Fortbestehensprognose
Im Rahmen der Erstellung des Jahresabschlusses gehört es zu den Pflichten eines Unternehmers, eine Beurteilung der Fortführung des Unternehmens, als sogenannte „going concern-Prämisse“, vorzunehmen.
Die Fortbestehensprognose im Sinne des Insolvenzrechts ist ein Instrument der Überschuldungsprüfung. Im Rahmen der modifizierten zweistufigen Überschuldungsprüfung liegt trotz rechnerischer Überschuldung (Status zu Liquidationswerten) nämlich keine Überschuldung im Sinne des Insolvenzrechts vor, wenn eine positive Fortbestehensprognose gegeben ist. Die positive Fortbestehensprognose stellt somit eine Möglichkeit dar, trotz rechnerischer Überschuldung die Erfüllung des insolvenzrechtlichen Überschuldungstatbestandes auszuschließen.
Der Umfang einer Fortbestehensprognose hängt vor allem von den Besonderheiten des jeweiligen Unternehmens ab. Inhaltlich umfasst eine Fortbestehensprognose eine Darstellung (und Prüfung):
- der künftigen Zahlungsfähigkeit des Unternehmens innerhalb des Zeitraums der Primärprognose
- der darüber hinausgehenden Lebensfähigkeit des Unternehmens im Rahmen einer Sekundärprognose
Eine Fortbestehensprognose wird demzufolge zum Nachweis der positiven Erfüllung der Primärprognose aus einem detaillierten Finanzplan bestehen, der Bestandteil einer integrierten Unternehmensplanung ist. Die Sekundärprognose umfasst eine detaillierte Betrachtung des unternehmerischen Gesamtkonzepts, um die Wahrscheinlichkeit des Turnarounds zu ermitteln und zu dokumentieren. Die Sekundärprognose deckt üblicherweise einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren ab, innerhalb derer die Sanierung des Unternehmens abzuschließen ist.
Zusammenfassend hat die Fortbestehensprognose eine begründete Aussage darüber zu treffen, ob das Unternehmen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit seine Unternehmenstätigkeit unter Aufrechterhaltung seiner Zahlungsfähigkeit in Zukunft fortführen kann.
Die Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer (KSW) wie auch die WKO haben hierzu detaillierte Leitfäden erarbeitet und publiziert.
Die Erstellung einer detaillierten Fortbestehensprognose erscheint spätestens in folgenden Fällen geboten:
- Negatives Eigenkapital im (Entwurf des) Jahresabschlusses
- Verlust des halben Nennkapitals und negative Zukunftsaussichten
- Konkrete Krisensymptome, die eine weitere Verschlechterung der Unternehmenssituation erwarten lassen und Situationen, die zu einem Verlust des Eigenkapitals im nächsten Jahr führen können oder die sonst eine Bestandsgefährdung implizieren
Wird trotz Vorliegens von Krisenanzeichen die Erstellung einer Fortbestehensprognose nicht für notwendig erachtet, sollte dies entsprechend dokumentiert werden – dies vor allem deshalb, weil die Pflicht der Darlegung einer positiven Fortbestehensprognose für den Beginn des Laufs der Frist des rechtzeitigen Insolvenzantrags in einem Verfahren wegen Insolvenzverschleppung bei der Geschäftsführung des Unternehmens liegt.