15. November 2021
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Unternehmensübertragung im Grace-Period-Gesetz
Mit dem im Entwurf vorliegenden Grace-Period-Gesetz sollen bestimmte Erleichterungen eingeführt, die Rechts- und Planungssicherheit für übernahmewillige Nachfolger gestärkt bzw. eine geordnete Betriebsübergabe im Familienverband für die Dauer einer Grace-Periode unterstützt werden. Auch in der Bundesabgabenordnung – BAO wird eine neue verfahrensrechtliche Bestimmung eingeführt, die sog. „Begleitung einer Unternehmensübertragung“.
Neuerungen im Abgabenverfahren
Im Bereich des Abgabenverfahrensrechtes soll für Unternehmer die Möglichkeit geschaffen werden, während des Übergabeprozesses durch die Abgabenbehörde begleitet zu werden („Begleitung einer Unternehmensübertragung“). Im Zuge der Begleitung einer Unternehmensübertragung sollen
- einerseits bisher noch ungeprüfte Zeiträume des übergebenden Unternehmers geprüft werden, und
- andererseits die Möglichkeit bestehen, vom Finanzamt Auskunft über bereits verwirklichte oder noch nicht verwirklichte Sachverhalte zu erhalten.
Dies gewährleistet dem übernahmewilligen Nachfolger eine größere Rechts- und Planungssicherheit in Hinblick auf den Übertragungsvorgang.
Voraussetzungen
Wesentlich ist, dass die begleitete Unternehmensübergabe ausschließlich natürliche Personen, die Unternehmer iSd § 1 UGB sind, beantragen können, wenn sie
- Einzelunternehmer oder
- an Personen- oder Kapitalgesellschaften in einem größeren Ausmaß beteiligt und/oder zur Geschäftsführung befugt sind.
Voraussetzung ist zudem, dass für die Erhebung der Umsatzsteuer des Unternehmens bzw. sämtlicher betroffener Personen- oder Kapitalgesellschaften das Finanzamt Österreich zuständig ist. Der Antragsteller hat darüber hinaus zu erklären, dass eine Übertragung seines Unternehmens innerhalb von zwei Jahren ab Antragstellung an eine oder mehrere Personen aus seinem Angehörigenkreis, definiert nach § 25 der Bundesabgabenordnung – BAO, erfolgen wird.
Verpflichtende Außenprüfung
Das Finanzamt Österreich hat das Vorliegen der Voraussetzungen nach Maßgabe des § 153i BAO für den Wechsel in die Begleitung der Unternehmensübertragung zu prüfen und eine Außenprüfung durchzuführen. Diese Außenprüfung umfasst die letzten fünf (!) Veranlagungsjahre vor der Antragstellung, wenn für diese bereits eine Abgabenerklärung abgegeben worden ist und nicht bereits eine Außenprüfung stattgefunden hat.
Erweiterte Offenlegung
Ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Beendigung unterliegen der Antragsteller, der Erwerber und gegebenenfalls die Organe einer Personen- oder Kapitalgesellschaft einer erweiterten Offenlegungspflicht. Zusätzlich zu anderen abgabenrechtlichen Offenlegungspflichten haben sie jene Sachverhalte offenzulegen, die für die Unternehmensübertragung von Relevanz sind und bei denen ein Risiko besteht, dass diese durch das Finanzamt Österreich abweichend beurteilt werden könnten. Diese Offenlegung hat ohne Aufforderung des Finanzamtes zu erfolgen.
Erhöhte Rechtssicherheit durch Begleitung
Der erhöhten Rechtssicherheit dient das Abhalten von Besprechungen zwischen den Vertretern des betroffenen Unternehmens und den zuständigen Organen. Besprechung sind, je nach dem Erfordernis, um anstehende abgabenrechtliche Fragen zu klären, unbegrenzt oft möglich. Über diese Besprechungen sind jedenfalls Niederschriften gemäß § 87 BAO zu erstellen, die natürlich das Ergebnis der rechtlichen Auskunft festhalten sollen.
Auskunftspflicht
Das Finanzamt Österreich ist verpflichtet, während des Vorganges der Unternehmensübertragung den Vertretern des betroffenen Unternehmens Auskunft über bereits verwirklichte oder noch nicht verwirklichte Sachverhalte zu erteilen.
Inkrafttreten 1.1.2023
Um dem FAÖ Zeit für die Vorbereitung zu geben, ist für die Begleitung einer Unternehmensübertragung ein Inkrafttreten mit 1. Jänner 2023 vorgesehen.
Begutachtung
Im Zuge der Begutachtung werden die Sozialpartner und zahlreiche andere Institutionen und Personen, bspw die KSW noch Verbesserungsvorschläge im größeren und kleiner Punkten einbringen. Mit einigen Änderungen kann daher noch gerechnet werden: So ist bspw. das Erfordernis der Unternehmereigenschaft im Sinne des § 1 UGB für den Übergeber uE im Steuerrecht nicht sachgerecht; weiters könnte auch die Übergabe des Unternehmens an langjährige Mitarbeiter gefördert werden, da insbesondere diese einen erhöhten Bedarf an Rechtssicherheit haben.