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6. November 2024
Lesezeit: 5
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Unternehmensübertragung in der Familie
Durch das nun endgültig veröffentlichte Grace-Period-Gesetz wurden bestimmte Erleichterungen eingeführt, womit die Rechts- und Planungssicherheit für übernahmewillige Nachfolger aus der Familie gestärkt und eine geordnete Betriebsübergabe im Familienverband unterstützt werden. In der Bundesabgabenordnung – BAO wird eine neue verfahrensrechtliche Bestimmung eingeführt, die „Begleitung einer Unternehmensübertragung“.
Neuerungen im Abgabenverfahren
Im Bereich des Abgabenverfahrensrechtes soll für Unternehmer die Möglichkeit geschaffen werden, während des Übergabeprozesses durch die Abgabenbehörde begleitet zu werden („Begleitung einer Unternehmensübertragung“). Im Zuge der Begleitung einer Unternehmensübertragung sollen
- einerseits bisher noch ungeprüfte Zeiträume des übergebenden Unternehmers geprüft werden, und
- andererseits die Möglichkeit bestehen, vom Finanzamt Auskunft über bereits verwirklichte oder noch nicht verwirklichte Sachverhalte zu erhalten.
Dies gewährleistet dem übernahmewilligen Nachfolger eine größere Rechts- und Planungssicherheit in Hinblick auf den Übertragungsvorgang.
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Wesentliche Voraussetzungen
Wesentlich ist, dass die Begleitung einer Unternehmensübertragung ausschließlich eine natürliche Person beantragen kann. Sie muss angeben, innerhalb von zwei Jahren
- einen Betrieb oder
- einen Teilbetrieb oder
- einen Anteil an einer betrieblichen Mitunternehmerschaft, an der ausschließlich Angehörige des Antragsstellers beteiligt sind,
im Sinne des § 24 EStG 1988 an eine oder mehrere Personen aus dem Kreis ihrer Angehörigen übertragen zu wollen.
Hinweise:
- Angehörige sind solche im Sinne des § 25 Bundesabgabenordnung – BAO, im Ergebnis also ein sehr weitgesteckter Begriff. Die geringste Beteiligung einer anderen Person ist schädlich, diese müsste vor Beantragung der Begleitung der Unternehmensübertragung ausscheiden.
- Nachdem bei einer GmbH & Co KG die Komplementär-GmbH meist nicht substanzbeteiligt ist, könnte das Gesetz auch in diesem Falle Anwendung finden.
Voraussetzung für die Durchführung dieser Begleitenden Unternehmensübertragung ist zudem, dass für die Erhebung der Umsatzsteuer bzw der Einkommensteuer des Antragstellers und sämtlicher im Antrag angeführten voraussichtlichen Erwerber sowie für eine allfällige Feststellungserklärung gemäß § 188 BAO das Finanzamt Österreich zuständig ist.
Achtung: Damit ist der in der Praxis wichtige Fall einer GPLB-Prüfung nicht umfasst und bleibt damit für den Betriebs-Übernehmer ein wesentliches steuerliches Risiko bestehen. Überdies muss die Erklärung von allen Beteiligten unterfertigt werden, dass der Offenbarung von Informationen, die der abgabenrechtlichen Geheimhaltung unterliegen, zugestimmt wird, soweit dies für die Durchführung der Begleitung erforderlich ist.
Außenprüfung für die letzten 3 Jahre
Das Finanzamt Österreich hat das Vorliegen der Voraussetzungen für den Wechsel in die Begleitung der Unternehmensübertragung zu prüfen und eine Außenprüfung durchzuführen, wobei jene Abgaben, die nicht in die Zuständigkeit des Finanzamts Österreichs fallen oder von der Lohnsteuerprüfung umfasst sind, von dieser Außenprüfung ausgenommen sind.
Diese Außenprüfung umfasst die letzten drei Jahre vor der Antragstellung, wenn für diese bereits eine Abgabenerklärung abgegeben worden ist und noch keine Außenprüfung stattgefunden hat. Die Außenprüfung soll tunlichst innerhalb von 3 Monaten ab Antragstellung beginnen und tunlichst innerhalb von 6 Monaten nach Beginn abgeschlossen sein.
Die geprüften (Teil-)Betriebe sind für die geprüften Steuern und Jahre von einer späteren Außenprüfung auszunehmen.
Erweiterte Offenlegung
Ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Beendigung der Begleitung unterliegen der Antragsteller, die Erwerber und gegebenenfalls die Organe einer Personengesellschaft einer erweiterten Offenlegungspflicht. Zusätzlich zu anderen abgabenrechtlichen Offenlegungspflichten haben sie jene Sachverhalte offenzulegen, die für die Übertragung des (Teil-)Betriebs oder Mitunternehmeranteils von Relevanz sind und bei denen ein ernsthaftes Risiko besteht, dass diese durch das Finanzamt Österreich abweichend beurteilt werden könnten, wenn sie nicht nur unwesentliche Auswirkungen auf das steuerliche Ergebnis haben können. Diese Offenlegung hat ohne Aufforderung des Finanzamtes zu erfolgen.
Erhöhte Rechtssicherheit durch Begleitung
Der erhöhten Rechtssicherheit dient das Abhalten von Besprechungen zwischen dem Antragsteller und den im Antrag angeführten voraussichtlichen Erwerbern und den Organen des Finanzamtes Österreich. Besprechungen sind, je nach dem Erfordernis, um anstehende abgabenrechtliche Fragen zu klären, grundsätzlich des Öfteren möglich. Über diese Besprechungen sind jedenfalls Niederschriften gemäß § 87 BAO zu erstellen, die natürlich das Ergebnis der rechtlichen Auskunft festhalten sollen.
Auskunftspflicht des Finanzamts
Das Finanzamt Österreich ist verpflichtet, während des Vorganges der Begleitung einem im Antrag angeführten voraussichtlichen Erwerber Auskunft über bereits verwirklichte oder noch nicht verwirklichte Sachverhalte in inhaltlichem Zusammenhang mit dem zu übertragenden Betrieb, Teilbetrieb oder MU-Anteil zu erteilen, soweit nicht die Möglichkeit der Beantragung eines (kostenpflichtigen) Auskunftsbescheides gemäß § 118 BAO besteht.
Kostenpflichtige Auskunftsbescheide sind in § 118 BAO vorgesehen für Rechtsfragen im Zusammenhang mit
- Umgründungen,
- dem Umsatzsteuerrecht,
- dem internationalen Steuerrecht,
- Unternehmensgruppen,
- dem Vorliegen von Missbrauch.
Damit dürfte im Ergebnis die kostenfreie Auskunftspflicht durch das Finanzamt Österreich doch stark eingeschränkt sein. Dies schließt aber mE unverbindliche Besprechungen über diese Themen nicht aus.
Inkrafttreten 1.12.2024
Um dem FAÖ noch Zeit für die Vorbereitung zu geben, ist im Gesetz das Inkrafttreten mit dem 1. Dezember 2024 beschlossen worden. Anträge auf Begleitung der Unternehmensübertragung können gesetzlich frühestens ab dem 1. Jänner 2025 gestellt werden.
Begutachtung mit teilweisem Erfolg
Im Zuge der Begutachtung wurden von den Sozialpartnern und zahlreichen anderen Institutionen und Personen (bspw der KSW) noch Verbesserungsvorschläge in größeren und kleineren Punkten eingebracht, die teilweise umgesetzt wurden:
– Die verpflichtende Außenprüfung für ursprünglich 5 Jahre wurde im Gesetz nun auf 3 Jahre verkürzt.
– Das Erfordernis der Unternehmereigenschaft im Sinne des § 1 UGB für den Übergeber ist entfallen, sondern ist im nunmehrigen Gesetz das Vorliegen eines Betriebes im Sinne des § 24 des Einkommensteuergesetzes Voraussetzung.
– Dass auch die Übergabe des Unternehmens an langjährige Mitarbeiter durch das Finanzamt begleitet wird, da insbesondere familienfremde Mitarbeiter einen erhöhten Bedarf an Rechtssicherheit haben, wurde (leider) nicht umgesetzt.
Was bringt die neue Begleitung der Unternehmensübergabe?
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass hinsichtlich des zu übergebenden (Teil-)Betriebes oder Mitunternehmeranteils nach Prüfung der letzten 3 Jahre durch das Finanzamt insbesondere Rechtssicherheit des Betriebs-Übernehmers für den wichtigen Bereich der Umsatzsteuer bestehen sollte; die Einkommensteuer bis zum Übergabezeitpunkt wird ohnehin der Betriebsübergeber vorgeschrieben und ist wirtschaftlich von ihm zu tragen, soweit nichts anderes vereinbart wird.
Dennoch ist auch hinsichtlich der Einkommensteuer einer Prüfung durch das Finanzamt wichtig, weil bspw bei der schenkungsweisen Übergabe der Umfang des Betriebsvermögens (Achtung: Privatanteil), dessen steuerliche Buchwerte und betriebsgewöhnliche Restabschreibungsdauer durch den Nachfolger übernommen werden müssen und damit auch das künftige steuerliche Abschreibungsvolumen bestimmt wird. Der praktisch wichtige Bereich der Lohnabgaben ist von der zwingenden Prüfung ausgenommen, aber dennoch möglich.
Die Praxis wird zeigen, in welchem Umfang dieses Verfahren in der Praxis der Betriebsübergaben in der Familie Anklang finden wird. Diesbezüglich ist im Gesetz nach einigen Jahren eine Evaluierung vorgesehen.